Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 125

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Rücken zu stützen, wenn Sie endlich wieder in Verhandlungen eintreten, um hier eine Änderung herbeizuführen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das ist der eine Punkt, wobei ich, was die Finanzierung anlangt, sozusagen nur die Oberfläche erwähnt habe; wir werden ja in der weiteren Debatte noch mehr ins Detail gehen können. Ich glaube, daß der zweite Punkt, daß der Arbeitsmarkt eine Begründung dafür ist, daß über Bildungspolitik wieder geredet werden muß, ebenso wichtig ist. Ich muß ganz offen sagen: Selbstverständlich ist Bildung keine Garantie auf einen Arbeitsplatz; diese Zeiten sind vorbei. Aber wenn Sie sich die Zahlen anschauen, dann sehen Sie einen klaren Zusammenhang zwischen dem Risiko auf Arbeitslosigkeit und der Chance auf Arbeitsplatz und Bildung. Fast fünf von zehn Arbeitslosen haben keine den Abschluß der allgemeinen Pflichtschule übersteigende Berufsqualifikation; mehr als vier von zehn Arbeitslosen haben formal keinen Lehrabschluß.

Vergleicht man dann diese Zahlen mit anderen Bildungsabschlüssen, sieht man eine These bestätigt, nämlich: Bei Absolventen mittlerer kaufmännischer Schulen beträgt die Arbeitslosenrate 2,9 Prozent, bei jenen der AHS 2,4 Prozent, bei jenen sonstiger höherer Schulen 1,1 Prozent und bei jenen mit einem Universitätsabschluß 2,2 Prozent. Das heißt: Die These, daß Bildung Arbeit schafft, ist dadurch mit Sicherheit bewiesen – wenn ich auch zugestehe, daß von einer Garantie darauf keine Rede sein kann.

Aber wenn man diese Zahlen sieht, muß man sich eben fragen: Wie schaffen wir es, unser Bildungssystem so zu verändern, daß wir auch diesem Arbeitsmarkt gerecht werden? Und vor allem müssen wir die Frage stellen: Wozu bildet unsere Schule, unser Schulsystem, wie wir es derzeit haben, eigentlich aus? Ich möchte hier Bernd Marin xxx vgl.Pol voll zustimmen, der in einem seiner Kommentare dazu kürzlich meinte: "Die Schule bildet zu Untertanen aus." – Ich sehe das ganz genauso. Ich habe es immer so umschrieben, wie es meiner Empfindungslage entspricht, nämlich daß diese Art von Schule vor allem zu disziplinierten Schülerinnen und Schülern ausbilden möchte – offenbar in der in dem Fall richtigen Meinung –, damit diese auch später leichter disziplinierbar sind. Selbstverständlich sind kritikfähige, eigenständige Menschen mühsamer als solche – auch in einer Demokratie –, die jeweils ja sagen.

Unser Eindruck ist der, daß das derzeitige Bildungssystem durchaus Wissensvermittlung zum Ziel hat – aber mit Sicherheit nicht die Persönlichkeitsbildung, denn das könnte unbequem werden. Da fällt mir zusätzlich noch ein Beispiel ein, das kürzlich auf einer Bildungstagung von uns erwähnt wurde, ein Beispiel, das in den siebziger Jahren immer ein FDP-Politiker verwendet hat. Ich schmücke mich ungern mit fremden Federn, daher bin ich auch bereit, die Quelle anzugeben. Es ist das umgelegte Beispiel des xxx vgl. Gra Pawlowschen Reflexes, das die Situation meiner Meinung nach wunderbar beschreibt. Sie kennen ja den Pawlowschen Hund: Es geht darum, daß er darauf konditioniert wird, daß es bei einem Klingelzeichen Fressen gibt. Auf diese Weise entsteht der Speichelfluß, und nach einiger Zeit, wenn er weiß, daß das immer zusammenfällt – Fressen und Klingelzeichen –, braucht man nur noch zu klingeln, und der Speichelfluß entsteht, ohne daß der Hund ein Fressen bekommt.

Dieses Beispiel, umgelegt auf unser Schulsystem, läßt einen erschaudern, aber ich glaube, es ist wahr: Stellen Sie sich vor, was mit Menschen passiert, wie Menschen agieren, die zwölf Jahre lang in unserem System darauf konditioniert wurden, auf Klingelzeichen zu lernen und dann, wenn ein Beamter daneben steht. Genauso schaut unser Schulsystem aus, und genauso sind auch die Verhaltensweisen unserer Bürgerinnen und Bürger in weiten Bereichen, wenn sie es nicht schaffen (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek )  – es ist zwar nicht üblich, von oben Zwischenrufe zu machen, aber ich höre trotzdem gerne zu –, aus eigenem ihre Fähigkeiten weiterzubilden. Und wir glauben, daß die Schule selbst dazu keinen Beitrag leistet. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Was wir meinen, ist, daß das Schulsystem, daß die Schule ermutigen und nicht entmutigen soll, daß nicht indoktriniert, sondern zum Hinterfragen erzogen werden soll, daß entschlußfreudige und – durch das Wissen abgesichert – entschlußsichere Menschen diese Schulen verlassen sollen, vor allem, daß die Begeisterung zum Wissenserwerb in der Schule vermittelt werden soll. Das bedeutet eine grundsätzliche Änderung unseres Systems. Da wir das in unserer Dringlichen


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