Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 158

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Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sollte uns schon zu denken geben. Ich führe dieses Versagen vielleicht auch ein bißchen auf Nervosität zurück, im wesentlichen aber darauf, daß die Schule in den letzten Jahren zunehmend zu einem Experimentierfeld wurde. Man hat sie mit Aufgaben überfrachtet, und wesentliche Inhalte sind verlorengegangen. Wo bleibt da die immer wieder geforderte Evaluation der Lehrinhalte? Über Lehrplanreformen wird seit Jahren geredet. Sie sind aber ausgeblieben.

Im Gegenteil: Im durchaus positiven Streben nach mehr Durchlässigkeit des Schulsystems werden bewährte Strukturen verwischt, die angestrebte Transparenz ist einer Unübersichtlichkeit gewichen. Es findet eine Art politischer Aktionismus statt, nicht ausreichend diskutierte und auch keinem Begutachtungsverfahren unterzogene Gesetze wie das morgen von der Koalition zu beschließende Gesetz über die Berufsreifeprüfung werden durchgepeitscht. Es werden gerade mit diesem Gesetz, meine sehr verehrten Damen und Herren, plakativ Hoffnungen in den jungen Menschen geweckt, die sich nicht erfüllen werden, weil oft mangelhaft vorbereitete Personen schließlich an den Universitäten scheitern werden.

Sehr geehrte Frau Minister! Die Lehreraus- und Weiterbildung ist noch nicht den tatsächlichen Anforderungen und Abläufen angepaßt. Die Lehrer werden nach traditionellen Methoden und, wie man weiß, in proporzmäßig besetzten Ausbildungsstätten ausgebildet. Fast in jeder Landeshauptstadt gibt es natürlich eine schwarze und eine rote Ausbildungsstätte für Lehrer. Sie werden dann, weil es zu viele sind, arbeitslos, wie wir gehört haben – 8 000 werden es im Sommer sein –, und wenn sie nach mehrjähriger Wartezeit endlich einen Posten bekommen, dann sind sie leider nicht mehr auf dem letzten Stand. Eine verbindliche und systematische Lehrerfort- und weiterbildung mit Schwerpunkt natürlich in der unterrichtsfreien Zeit erfolgte bis dato nicht.

Im Gegensatz dazu steigen die methodischen und Managementanforderungen an die Lehrer ständig. Viele Lehrer werden oft ohne Unterstützung und Supervision den steigenden Anforderungen ausgesetzt, und das Burn-out-Syndrom erfaßt immer mehr Lehrer.

Frau Minister, wo bleibt die Kostenrechnung im Schulbereich? Wo bleibt die Verfahrensverkürzung und die Objektivierung bei den Schulleiterbestellungen? Wie schaut das Wirtschaftlichkeitsdenken im Schulbereich tatsächlich aus? – Aus dem letzten Rechnungshofbericht nur zwei Sätze. Auf Seite 243 steht unter Punkt 2.2: "Der RH beurteilte die Regelung der Kostentragung für Landeslehrer weder als wirtschaftlich noch als sparsam."

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Allein dieser Satz spricht Bände. Wenn einige Seiten weiter festgestellt wird, daß zum Beispiel alleine in der Steiermark der Bund für 3 110 Werteeinheiten 5,1 Millionen Schilling bezahlte, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten, dann muß man sich doch etwas dabei denken. Warum passiert das? – Na weil die in den Maturaklassen beschäftigten Lehrer faktisch nach Durchführung der Matura keine Aufgaben mehr wahrzunehmen haben und dann trotzdem ihre Gehälter weiterbeziehen. Wäre es nicht eine Idee, diese Lehrer, anstatt sie in der letzten Ferienwoche für Nachhilfestunden einzusetzen, in den letzten Schulunterrichtswochen für die Förderung von Schülern einzusetzen? Dann hätten nämlich alle ruhige Ferien: die Eltern, die Schüler und die Lehrer, die dort eingesetzt werden könnten.

Dieser Rechnungshofbericht zeigt viele Schwachstellen in der Verwaltung, in der Administration auf, wo wirklich Kosten eingespart werden könnten. Kosten sollten nicht bei den Schülern, im sogenannten operativen Bereich eingespart werden, sondern in der Verwaltung oder, besser gesagt, im Ministerium.

Abschließend möchte ich meine tiefe Besorgnis darüber äußern, daß es Ihnen in Wirklichkeit gar nicht so sehr um echte Reformen geht, sondern um die Aufrechterhaltung des Proporzsystems und, wie wir in der Steiermark sagen, der "Postenschacherei". (Abg. Hans Helmut Moser: Nicht nur in der Steiermark!) Ich möchte Ihnen sagen: Zum Schluß werden die Schüler auf der Strecke bleiben und zunehmend auch die nicht mehr motivierten Lehrer. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.45


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