Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 21

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Ich werde hier von der rechten Seite zu einer Zusatzantwort genötigt – Herr Präsident, wenn Sie gestatten!

Wir haben – zum Teil noch in meiner Zeit in der Wirtschaftskammer – mit einigen Hundert amerikanischen Kleinunternehmen über den Standort Wien in Wien Verhandlungen geführt und Seminare abgehalten. Das Ergebnis war, daß höchstes Interesse am Standort Wien herrschte. Als die Amerikaner aber von den österreichischen Mindesturlaubsvorschriften und sonstigen Vorschriften hörten, ist jedes Interesse sofort erloschen. (Abg. Mag. Stadler: Sehen Sie!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Rossmann, bitte.

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Minister! Die Regierung beschließt heute das Teilgewerbe. Es entfällt dabei zwar die Meisterprüfung, aber den Betrieben wird die Beschränkung auferlegt, nur bis zu fünf Mitarbeiter und außerdem keine Lehrlinge zu beschäftigen. Wie können Sie das mit der vielgepriesenen angeblichen Beschäftigungsoffensive und Lehrlingsoffensive der Regierung vereinbaren, wenn Sie oder das Parlament, die Koalitionsparteien, im gleichen Atemzug ein Beschäftigungsverbot, eine Beschäftigungsbegrenzung und ein Lehrlingsbeschäftigungsverbot beschließen? (Abg. Dr. Khol: Das Parlament und nicht die Regierung! Das Parlament, Frau Rossmann!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Zunächst eine grundsätzliche Bemerkung. Frau Abgeordnete! Es muß sich ein Minister auch darum kümmern, daß er mehrheitsfähige Vorschläge ins Parlament bringt. Das Teilgewerbe per se war in den Diskussionen heftig umstritten. Ich nenne Ihnen ein Argument, das mir – wahrscheinlich auch Ihnen – bei jeder Veranstaltung mit Gewerbetreibenden entgegenschallt: Da werden mir jetzt meine ganzen Gesellen davonlaufen, meine ganze Facharbeiterpartie mitnehmen, und ich stehe da und habe niemanden zum Arbeiten. Daher ist das ein Versuch, der auch mit hohen Risken verbunden ist.

Zweiter Punkt: Eines scheint schon wichtig zu sein: Wenn wir uns in der Gewerbeordnung generell – man kann über Nummern streiten – darauf geeinigt haben, daß wir etwa 80 verschiedene Gewerbe brauchen, um das duale Ausbildungssystem mit Meistern aufrechtzuerhalten, dann macht es keinen Sinn, in einem neuen liberalisierten Versuch auf geringerem Niveau ebenfalls die vollen Rechte wie einem Gewerbebetrieb zuzugestehen. Das ist die Begründung dafür, warum es in diesem Haus möglicherweise zu einer anderen, von Ihnen dargestellten Beschlußfassung kommt. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Tichy-Schreder, bitte.

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Bundesminister! Es sind vor der Regierungsvorlage der Gewerbeordnung dankenswerterweise auch zwei andere Anträge zur Gewerbeordnung eingebracht worden. Die Liberalen haben zum Thema Kosmetik – sie wollen diesen Bereich überhaupt sehr stark liberalisieren – in der Gewerbeordnung festgehalten, daß das Gewerbe der Kosmetiker ein gut Teil der Bevölkerung an sich selbst auszuführen pflegt, und zwar ohne Erbringung eines Befähigungsnachweises – aber auch ohne an die Öffentlichkeit gelangte Folgewirkungen –, während die Freiheitlichen das nicht gebundene Gewerbe des Kosmetikers zu einem Handwerk machen wollen. (Abg. Haigermoser: Was wollen wir?)

Herr Bundesminister! Wie halten Sie es hinsichtlich einer Qualifizierungsoffensive in den einzelnen Berufen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Das wirklich Phänomenale an der Gewerbeordnungsdiskussion ist, daß im Prinzip fast alle Verhandlungsteilnehmer liberal sind, und zwar mit einer Ausnahme, wenn es um ihren favorisierten Beruf geht. Das geht über die gesamte Palette der Unternehmenssparten. (Beifall bei der ÖVP.)


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