Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 175

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im entsprechenden Fach (in den entsprechenden Fächern) mit Ausnahme zumindest einer Teilprüfung gemäß § 3 Abs. 1 anzuerkennen. Die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten beziehungsweise der Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten kann einen zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung eingerichteten Lehrgang einer Einrichtung der Erwachsenenbildung nach Anhörung des Landesschulrates als gleichwertig anerkennen, wenn die Lehrgangsausbildung für das betreffende Prüfungsgebiet einer Ausbildung an einer öffentlichen höheren Schule gleichwertig ist. Die Anerkennung ist mit fünf Jahren zu befristen und bei Vorliegen der Voraussetzungen neuerlich mit dieser Befristung auszusprechen."

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Uns ist dieser Abänderungsantrag deshalb wichtig, weil es eigentlich keinen sachlichen Grund dafür gibt, die Anerkennung der Gleichwertigkeit von Lehrgängen auf die vom Bund als Förderungsempfänger anerkannten Institutionen einzuschränken. Ich halte das für eine Diskriminierung von privaten Institutionen der Erwachsenenbildung, und ich denke, daß damit eine einseitige Bevorzugung der Bildungsanbieter BFI und WIFI in die Wege geleitet werden soll. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Zur Berufsreifeprüfung selbst: Wir stehen ihr positiv gegenüber. Wir befürchten allerdings, daß das Ziel, die Lehre durch diese Berufsreifeprüfung auch tatsächlich attraktiver zu machen, leider nicht erreicht werden wird, weil die notwendigen Begleitmaßnahmen fehlen, weil eine Integration in das duale System fehlt. Unser duales System hat derzeit nicht genügend Flexibilität, und ich verstehe da die Haltung der Wirtschaft, weil es eine wesentliche Erhöhung der Kosten bedeuten würde, die Berufsschulzeit auszuweiten, um die Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung zu integrieren.

Wir erneuern daher heute unseren Vorschlag, den wir schon als Entschließungsantrag eingebracht haben, daß die berufliche Ausbildung und die schulische Ausbildung im Rahmen des Ausbildungssystems sozialrechtlich und lohnmäßig zu entkoppeln wären. Nur so können wir in die schulische Ausbildung neue Inhalte integrieren, nur so können wir Module organisieren, die auf die Berufsreifeprüfung vorbereiten, nur so kann die Möglichkeit der Ablegung der Berufsreifeprüfung unser duales Bildungssystem tatsächlich als gleichwertige und gleichberechtigte Säule im Sekundarbereich II verankern.

Solange das nicht möglich ist, bleibt die Durchlässigkeit in diesem Bereich leider ein Schlagwort. Ich möchte nur auf einzelne Initiativen verweisen, die es zwar gibt, bei denen aber Unternehmer die Initiative gesetzt haben, und nicht die öffentliche Hand. Ich weiß nicht, wer von Ihnen zum Beispiel die Landesberufsschule für Optiker in Hall kennt. Dort gibt es unter gleicher Leitung, im gleichen Gebäude einen Aufbaulehrgang, und es gibt die Möglichkeit, die Berufsprüfungen gleichzeitig mit der Berufsreifeprüfung im Haus abzulegen.

Solche Beispiele wären vorbildlich, aber dafür müssen wir die Rahmenbedingungen erst noch schaffen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Problem der Zukunft wird nicht nur die Jugendarbeitslosigkeit sein – dabei ist dieses Problem allein schon groß genug! –, das Problem wird auch der Mangel an qualifizierten jungen Menschen sein, die den Facharbeiterweg einschlagen. Und wenn Sie, Herr Minister, heute gesagt haben, es wäre einer unserer Wettbewerbsvorteile als Wirtschaftsstandort Österreich, daß wir gute Facharbeiter und Facharbeiterinnen haben, dann muß ich die Frage stellen: Wie lange werden wir diesen Vorteil noch haben, wenn wir nicht endlich echte Maßnahmen setzen?

Es ist mir vollkommen klar, daß unsere Berufsschulen in der derzeitigen Struktur diese Vorbereitung nicht leisten können. Wir brauchen flexiblere Bedingungen, und wir brauchen die Ausweitung der Berufsschulzeit. Dafür ist die lohn- und sozialrechtliche Entkoppelung von Schule und Betrieb unbedingt notwendig. Wir müssen die Berufsschulen zu autonomen Berufsbildungszentren weiterentwickeln, die sich für Weiterbildung, für Höherqualifizierung öffnen, auch zum


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