Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 222

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Herr Abgeordneter Khol! Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Argumentation, die einem Verwaltungsverfahren über Waffenexporte gegolten hat, nun für Vorgänge rund um die Aufklärung von Morden an Menschen nicht gelten soll. (Abg. Dr. Maitz: Das hat die Justiz zu machen!) Es ist mir unbegreiflich, daß Sie zum damaligen Zeitpunkt, am 27. September 1989, nach langen Ausführungen zur schwierigen Abwägung – und ich weiß, daß das eine schwierige Abwägung ist – zwischen Gewaltenteilung, Unschuldsvermutung, Fair-trial zum Ergebnis gekommen sind, Sie müßten einen Untersuchungsausschuß einsetzen. (Abg. Dr. Khol: Eben Abwägung!) Damals haben Sie sich für diesen Untersuchungsausschuß entschlossen, heute sagen Sie, daß all diese Gewichtungen und Abwägungen nicht mehr zählen. (Abg. Dr. Khol: Andere Fakten, andere Abwägung!)

Daß diese Abwägung, in der es um die Verantwortung von Bundesministern und Beamten der Bundesministerien geht, heute nicht mehr zählen soll, das entbehrt jeder Logik. Daher glaube ich, daß Sie sich Ihre damaligen Gedanken wieder in Erinnerung rufen sollten, und wenn das schwerfällt, sollten Sie vielleicht das Protokoll nachlesen.

Ich verstehe durchaus, daß es Bedenken gibt. Sie haben in Ihrer Wortmeldung gerade auf Kollegin Kammerlander Bezug genommen. Herr Abgeordneter Löschnak sagt immer vom Rednerpult aus, solange Herr Bani-Sadr als Kronzeuge genannt werde, sei er überhaupt nicht bereit, über die Sache zu reden. (Abg. Dr. Löschnak: Das stimmt nicht!) Sinngemäß haben Sie das gesagt.

Herr Abgeordneter Löschnak! Ich habe viel Verständnis dafür. Sie werfen den Grünen vor, ausgerechnet Herrn Bani-Sadr zum Kronzeugen zu machen. Ich bin bei diesem Vorwurf auf Ihrer Seite, denn ich glaube auch, daß Herr Bani-Sadr kein geeigneter Kronzeuge ist. (Abg. Schwarzenberger: Ein Kronzeuge, der keine Beweise vorlegen kann!) Auch ich spreche ihm die moralische Qualifikation in dieser Hinsicht ab. (Rufe bei SPÖ und ÖVP: Endlich!) Nicht endlich! – Er war nie unser Kronzeuge.

Es geht auch überhaupt nicht darum, wer wen zum Zeugen macht, sondern darum, ob die Umstände aufklärungsbedürftig sind. Erst danach können wir darüber reden, wer wen zum Zeugen macht, und ich bezweifle, daß wir zustimmen würden, ausgerechnet Herrn Bani-Sadr zu laden. Darum geht es aber nicht.

Mir geht es um etwas anderes. Mit geht es darum, Herr Abgeordneter Löschnak, Ihre Glaubwürdigkeit der moralischen Entrüstung in Zweifel zu ziehen. (Abg. Dr. Löschnak: Das ist Ihr gutes Recht!) Und auch das kann ich belegen. Es gibt die "AZ" zwar nicht mehr, aber ich habe hier eine Seite dieser Zeitung, die nachzulesen Ihnen vielleicht Freude machen, zumindest aber Ihr Interesse hervorrufen wird. (Die Rednerin zeigt eine Kopie dieser Seite.) Das ist aus der "AZ" vom 27. Mai 1980. Die Überschrift lautet: "Gespräche der SI-Delegation" – gemeint ist die Sozialistische Internationale – "in Teheran verliefen sehr positiv." (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler. ) Es war Bundeskanzler Kreisky, der damals ein Besucher des Herrn Bani-Sadr war. Ich zitiere:

"Bereits bei der Ankunft hatte der Bundeskanzler" – Kreisky –, "der den Iran als erster westlicher Regierungschef nach dem Sturz des Schah-Regimes besuchte, die Aufgabe der überraschenden Reise klargemacht: Man wolle nicht zwischen den USA und dem Iran vermitteln, sondern nur herausfinden, wie man bessere und engere Beziehungen zum Iran herstellen könne: Wir sind nicht hergekommen, um uns in irgend etwas einzumischen, sondern vielmehr, um Informationen über die islamische Revolution zu erhalten. Ich glaube, international besteht ein Mangel an Informationen. Von iranischer Seite war kurz vor Ankunft der SI-Delegation unterstrichen worden, diese käme aus eigenem Wunsch." – Zitatende.

Man kann darüber urteilen, wie man will, aber ein Punkt scheint mir doch sehr zu hinterfragen zu sein: Heute wirft man einer Fraktion vor, Herrn Bani-Sadr als Auskunftsperson zu nehmen, weil man der Meinung ist, daß diese Informationen nicht seriös sein können, und damals hat der Regierungschef von genau diesem Herrn Informationen über die islamische Revolution eingeholt. Und Sie, Herr Abgeordneter Löschnak, waren damals Staatssekretär in diesem Kabinett!


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