Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 56

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die Versäumnisse der siebziger und achtziger Jahre, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In seiner Antrittsrede im Jahr 1996 hat Herr Minister Farnleitner etwas sehr Ehrliches gesagt: Wir brauchen die Internationalisierung, uns fehlt die politische Kraft in Österreich für Liberalisierung und Deregulierung. – Ich habe es extra noch nachgelesen: Sehr ehrliche Worte hat er damals gesagt, aber diese Kraft ist auch in der Zwischenzeit nicht entstanden.

Wenn der Herr Wirtschaftsminister einmal im freien Wettbewerb gearbeitet hätte, dann hätte er sich vielleicht diese Kraft und diese Ressourcen holen können. Aber dasselbe trifft auch auf den Herrn Finanzminister zu. Wenn Sie vom internationalen Wettbewerb reden und hier Vergleiche anstellen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Sie reden von einem anderen Land! Sie haben es heute schon zitiert. Hier können Sie die Zahlen von 1997 für Österreich lesen, hier können Sie sehen, wo wir im internationalen Wettbewerb stehen (der Redner zeigt einen Bericht): Wir sind wieder zurückgefallen vom elften auf den 16. Platz, und jetzt sind wir auf dem 20. Platz. (Abg. Dr. Nowotny: Nach welchen Kriterien?) Nahezu alle EU-Länder haben uns, Herr Wirtschaftsdoktrinär, überholt!

Wir sind Schlußlicht in der EU, nicht nur im Wachstum, sondern auch in den anderen Wettbewerbsfaktoren. Das müssen Sie doch zur Kenntnis nehmen!

Der Bericht ist zwar noch in Englisch, aber er wird ins Deutsche übersetzt, Herr Minister, und dann wird er für Sie vielleicht leichter zu lesen sein. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Marizzi: Das haben Sie wieder notwendig gehabt!)

Meine Herren, hören Sie auf, dieses Land mit Halbwahrheiten in etwas hineinzutheatern – was heute früh in der Aktuellen Stunde schon eindrücklich den Herrn Außenminister ereilt hat. Hören Sie auf, dieses Land in etwas hineinzutheatern. Sie theatern uns hinein mit Statistiken, die in Wirklichkeit vom Österreichischen Statistischen Zentralamt sind und von EUROSTAT nicht einmal mehr übernommen werden. Halbwahrheiten sind letztlich auch Unwahrheiten. Und glauben Sie mir: Darin sind wir Weltmeister, und das geht einfach nicht mehr!

Kommen wir gleich zur Nummer eins, der Arbeitslosigkeit, kommen wir zu Ihren Arbeitslosenzahlen. – In Österreich haben wir 6 Prozent Arbeitslose gemessen an den Erwerbstätigen; Deutschland hat 9 Prozent Arbeitslose gemessen an den Erwerbstätigen. Wenn Sie jetzt – was in Österreich unbestritten ist – Teile der Frühpensionisten und der Bezieher von Invaliditätspensionen dazurechnen, dann kommen Sie auf eine Zahl von jeweils plus 3 Prozent aus beiden Titeln – das ist beim IHS nachzulesen, das ist beim Wifo nachzulesen –, das heißt, Sie kommen auf einmal von 6 Prozent Arbeitslosen gemessen an den Erwerbstätigen in Österreich auf sage und schreibe 12. Das sind um 3 Prozent mehr als in Deutschland, und das geht natürlich alles zu Lasten der Pensionisten. Wenn Sie heute Pensionsgarantien abgeben, dann sind diese soviel wert wie die des Herrn Vizekanzlers und die des Herrn Kanzlers Vranitzky im Jahr 1995: nämlich nichts. Sie können keine abgeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Struktur der Beschäftigten – das können Sie auch in diesem Bericht nachlesen – ist nicht nur wegen der Telekom- und der Energiewirtschaft, sondern auch wegen anderen Bereichen in Österreich schlechter und ist auch ein Schlußlicht in Europa.

Und die Lehrlingsinitiative – wo bleibt sie denn, bitte? Wo sind die Ergebnisse Ihrer Lehrlingsinitiative? – Der Präsident des Industriellenverbandes muß ein Rundschreiben an die österreichische Industrie richten: Nehmt Lehrlinge, weil die Regierung in der Lehrlingsfrage säumig geblieben ist. – Das ist die Unterstützung, die sie bekommen. Ein paar Lehrlinge wurden dort eingestellt – das ist letztlich Ihre Lehrlingsinitiative.

Unsere Anträge zur Attraktivierung des Lehrberufes, um den Lehrberuf endlich dem AHS-Beruf auch in finanzieller Hinsicht – was die Belastungen betrifft – ungefähr gleichzustellen, haben Sie alle abgelehnt. Der Lehrberuf war das Aschenbrödel in diesem Land, und das ist er geblieben.


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