Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 146

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teralen Entwicklungshilfegebarung des Bundes gegenüber Entwicklungsländern (821 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 12 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte in einem durchgeführt wird.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet, wir gehen daher sofort in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Abgeordneten Mag. Schreiner das Wort. Die freiwillige Redezeitbeschränkung beträgt 6 Minuten. – Bitte.

19.58

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Finanzen! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute mit einem Bericht des Finanzausschusses, und zwar mit einer Ermächtigung, die im Finanzausschuß mit 1 Milliarde Schilling angegeben war und deren Inhalt es ist, zugunsten der ärmsten und höchstverschuldeten Entwicklungsländer einen 100prozentigen Forderungsverzicht von Entwicklungshilfekrediten vorzunehmen. Im Finanzausschuß kam es zu einem Vierparteienantrag, diese Summe – die ja mit 1 Milliarde Schilling nicht zu knapp war –, auf 1,7 Milliarden Schilling zu erhöhen.

Hohes Haus! Wir Freiheitlichen sagen zu dieser Vorgehensweise dreimal nein! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir sagen deswegen dreimal nein, weil es erstens unklug, zweitens unprofessionell und drittens eine Zumutung für den österreichischen Steuerzahler ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich möchte alle drei Nein begründen, Frau Kollegin.

Es ist unklug, wenn man jemandem zu 100 Prozent Kredite erläßt – es handelt sich dabei nicht um Entwicklungshilfe, die gewährt worden ist, von der man ohnehin nichts zurückbekommen will –, ohne daß ihm beim Übergang vom Entwicklungsland in ein entwickeltes Land eigentlich klar wird, daß er irgendwann einmal die auf dem internationalen Kreditmarkt aufgenommenen Verbindlichkeiten auch wieder zurückzahlen muß. Es ist notwendig, den betroffenen Ländern zu signalisieren, daß ihnen ihre Schulden nicht ad infinitum zu 100 Prozent erlassen werden können.

Das zweite Argument ist gravierender, nämlich die Frage der unprofessionellen Vorgangsweise. Aus einem Bericht des Europäischen Rechnungshofes geht hervor, daß für Geldflüsse an Entwicklungsländer aus der Gruppe der Lomé-Staaten eine Treffsicherheit von nicht mehr als 8 Prozent angenommen werden kann. Das heißt für den österreichischen Steuerbürger: Wenn er 1 Million Schilling dorthin schickt, kommen 80 000 S an, 920 000 S aber versickern in irgendwelchen Kanälen.

Das dritte ist die Frage der Zumutung gegenüber dem österreichischen Steuerbürger. Wir haben zwei Belastungspakete hinter uns, und ein drittes steht uns möglicherweise bevor. Unter diesen Voraussetzungen 1,7 Milliarden Schilling an Entwicklungshilfekrediten schlicht und einfach zu streichen, spricht der jetzigen Lage hohn.

Ich sehe keinen Grund dafür, Österreich in eine Staatengruppe einzureihen, die mit dieser Entschuldungsaktion vielleicht ganz andere Interessen verfolgt. Zu dieser Staatengruppe, die sich im Jahr 1991 zum "Pariser Klub" zusammengefunden hat, gehören Länder wie die USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Belgien, Deutschland und die Schweiz. Alle diese Staaten verkaufen in großen Mengen Rüstungsmaterial an Entwicklungsländer. Mir ist völlig klar, daß diese Länder sehr gern einen Schuldenerlaß gewähren. Denn damit können sie im Geschäft bleiben.

Das geht auch aus aufschlußreichen Diskussionen zwischen Ihrem Ministerium, Herr Bundesminister für Finanzen, und dem Außenministerium hervor. Zunächst war nur die Ermächtigung für einen Schuldenerlaß in der Höhe von maximal 1 Milliarde Schilling geplant, dagegen verlangte das Außenministerium von Anfang an 1,7 Milliarden. Nach schwierigen Diskussionen


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