Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 165

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Das ist auch der Grund, warum wir neuerlich einen Antrag gestellt haben, einen Untersuchungsausschuß im Zusammenhang mit der Aufklärung der Morde an drei Kurden einzusetzen. Denn wir sind der festen Überzeugung, daß die Frage der politischen Verantwortung nur durch einen Untersuchungsausschuß geklärt werden kann.

Ich weiß, daß Sie gerne nach dem Motto vorgehen – die ÖVP hat uns das heute im Zusammenhang mit den Verbalinjurien des Außenministers wunderbar demonstriert –: Reden wir doch über etwas anderes; wir haben wichtigere Probleme! – Meine Sorge ist, daß es zu einem politischen Prinzip werden könnte, daß man von den wesentlichen Dingen ablenkt, indem man auf scheinbar noch wesentlichere verweist. Es kann aber doch nicht die Aufgabe eines Parlaments sein, einfach zur Tagesordnung überzugehen, wenn man weiß, daß es in einem gewissen Zusammenhang um Menschenleben auf der einen Seite und um die außenpolitische Linie eines Landes auf der anderen Seite geht!

Es hat interne Berichte von drei Ministerien gegeben, wobei es bezeichnend ist, daß sich das Außenministerium in der letzten Minute gerade noch herbeigelassen hat, einen solchen Bericht vorzulegen, und weil es auch bezeichnend ist, daß gerade der Bericht dieses Ministeriums als der wohl oberflächlichste bezeichnet werden muß, haben wir über die Qualität dieser Berichte von diesem Pult aus schon öfters gesprochen. Ich will daher die Zeit nicht damit verbringen, das zu wiederholen.

Seit der letzten Plenarsitzung ist jedoch ein Aktenkonvolut vorgelegt worden, und es ist übrigens interessant zu wissen, daß dieses Aktenkonvolut erst bei den Journalisten gelandet ist und dann im Parlament. Das Außenministerium hat eine sehr eigenwillige Art und Weise, mit Journalisten umzugehen. Ich will das jetzt aber nicht näher qualifizieren. Jedenfalls war es eine parlamentsfeindliche Vorgangsweise, die aufgrund einer parlamentarischen Anfrage angeforderten Unterlagen erst einmal den Journalisten zu geben. Vielleicht hat man sich davon etwas erwartet! Wir sehen aber, daß das nicht ganz funktioniert hat.

Tatsache ist, daß dieses Aktenkonvolut nicht zur Aufklärung der Vorgänge beigetragen hat. Ganz im Gegenteil: Wenn man sich diese Unterlagen anschaut, dann stellt man fest: Die Mordfälle haben sich, wie Sie wissen, am 13. Juli 1989 ereignet. Am 22. Juli ist, wie Sie ebenfalls wissen, einer der Hauptverdächtigen ausgereist. Und aus dem Aide-mémoire, jener Note der USA, die bereits am 22. August verfaßt wurde, als sich immerhin noch ein Verdächtiger bei uns im Lande befunden hat, nämlich Bozorgian, ist erkennbar, daß die USA ganz eindeutig davon ausgehen, daß die drei Verdächtigen die Täter sind. Und Österreich wird darin in der Diplomatensprache, aber dennoch unmißverständlich aufgefordert, endlich Handlungen zu setzen.

Zu diesem Zeitpunkt ist der damalige Justizminister Foregger noch davon ausgegangen, daß man den Haftbefehl gegen den in Österreich befindlichen Bozorgian aufheben sollte. Da frage ich mich: Wie kommt der österreichische Justizminister – und das zu einem Zeitpunkt, in dem in einer Note klare Verdachtsmomente erhoben, definiert werden, zu der Meinung, daß es nicht notwendig ist, sich gegen diese drei beziehungsweise zumindest gegen den einen, der zu diesem Zeitpunkt sicher noch im Lande war, zu wenden beziehungsweise einen Haftbefehl gegen ihn zu erlassen?

Was noch charakteristisch ist, ist die Sprache, die zu diesem Zeitpunkt verwendet wird. Es ist für mich sehr eigenartig, daß in einem Bericht eines österreichischen Beamten – es ist nicht klar erkennbar, aber ich gehe davon aus, daß es der Botschafter bei den Vereinten Nationen war – an das Außenamt über ein Treffen des iranischen Außenministers Velayati mit dem österreichischen Außenminister Mock berichtet wird, das im Oktober 1989 stattgefunden hat.

Es werden die Morde darin als "Vorfall" bezeichnet – eine sehr eigenartige Ausdrucksweise, noch dazu, wenn sie aus österreichischem Munde kommt – und alle Register gezogen, um die diplomatischen Beziehungen "trotz dieses Vorfalles", wie es so schön umschrieben wird, wieder zu normalisieren.


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