Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 81. Sitzung / Seite 47

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Hauses haltmachen –, auf der anderen Seite das Anliegen der Opposition, die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als ein Minderheitsrecht auszugestalten.

Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, mich zuerst dem Gegenstand des gemeinsam mit Kollegen Khol eingebrachten Antrages zuwenden, nämlich der Frage des Verfahrens und der rechtsstaatlichen Garantie bei Untersuchungsausschüssen.

In den Jahren nach 1920, in der gesamten Zweiten Republik ist man mit einem sehr trockenen und knappen Verweis auf die Strafprozeßordnung im Hinblick auf das Untersuchungsausschüsse regelnde Verfahren ausgekommen, und es hat eigentlich mit dieser sehr knappen Verweisnorm bis zum Jahr 1985 kaum Probleme gegeben.

Um es detailliert zu formulieren: Die Diskussionen, die sich aus diesem mangelnden parlamentarischen Verfahrensrecht ergeben haben, waren Fragen der Zweckmäßigkeit und insbesondere der Interpretation, inwieweit dieses strafprozessuale Verfahren auf ein parlamentarisches Verfahren wirklich umsetzbar war. Aber über die Klarheit und über die Gemeinsamkeit des Vorgehens hat es eigentlich kaum Differenzen gegeben. Das hat sich auch im Ergebnis von Untersuchungsausschüssen ausgedrückt. Wir haben in den ersten Untersuchungsausschüssen in der Regel gemeinsame Berichte gehabt, und wenn, dann hat es Minderheitsberichte zu kleinen Teilen des Gesamtberichtes gegeben.

Das hat sich geändert. Das hat sich sehr nachhaltig geändert auch mit dem Klima in diesem Hohen Haus. Es ist kontroversieller geworden, und damit sind auch Untersuchungsausschüsse schlicht und einfach kontroversieller geworden. Ich stelle das nicht tadelnd und kritisierend, sondern ausschließlich als jemand, der die Symptome zu werten versucht, fest.

Das bedeutet aber auch, meine Damen und Herren, daß sich die Opposition weniger als davor als ein Teil des Ganzen verstanden hat, sondern daß die Opposition in zunehmendem Maße versucht hat, vorher definierte Ziele in Untersuchungsausschüssen umzusetzen und zu erreichen.

Wenn man Untersuchungsausschüsse miterlebt hat – und ich habe das in einigen Funktionen tun können –, dann hat man in zunehmendem Maße den Eindruck bekommen, daß es manchen der Teilnehmenden darum gegangen ist, vorgefaßte Urteile bestätigt zu erhalten. Und das, meine Damen und Herren, ist eine grundsätzliche Einstellung, die mit diesem Verfahren schlicht und einfach im Widerspruch gestanden ist. Um ein Mitglied dieses Untersuchungsausschusses, das ich erlebt habe, zu zitieren: "Es ist darum gegangen, den goldenen Schuß anzubringen." Das verträgt sich aber nicht mit der Position eines unabhängigen Richters, und daher ist das Verfahren, das wir bisher angewandt haben, unverträglich mit einem Selbstverständnis, wie wir es in zunehmendem Maße angetroffen haben.

Meine Damen und Herren! Niemand Geringerer als der nach seiner Ausbildung Richter und spätere Bundespräsident Dr. Kirchschläger hat in diesem Zusammenhang bereits im Jahre 1983 festgestellt: Wenn Abgeordnete in Untersuchungsausschüssen sich als Ankläger und Richter in einer Person gebärden, wo bleibt da das Fairneßprinzip, die Waffengleichheit des Rechtsstaates?

Professor Matscher, der jahrzehntelange österreichische Vertreter in der Europäischen Menschenrechtskommission, hat in diesem Zusammenhang erklärt, daß es bei uns in Untersuchungsausschüssen mitunter wie bei der Inquisition zugegangen sei, daß vor allem mit dieser Amalgamierung von Richter und von Ankläger die Garantien für eine objektive Sachverhaltsdarstellung verlorengegangen sind.

Daher dieses von uns vorgeschlagene Verfahrensrecht, das wir sehr konsensual in Fünfparteiengesprächen verwirklicht haben. Ziel war es, Rechtsstaatlichkeit, Waffengleichheit und Fairneß herzustellen, obwohl Richter und Staatsanwalt in diesen Verfahren vor Untersuchungsausschüssen in einer Person agieren und wir darüber hinaus zwar nur Zeugen kennen, es aber jedem Zeugen unvermittelt passieren kann, in die Position des Angeklagten zu kommen, und er außerdem nach derzeitigem Recht keinen Anspruch auf Verteidigung hat.


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