Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 81. Sitzung / Seite 125

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wie es die Frau Bundesministerin durchaus als eine der Zielvorgaben zum Ausdruck gebracht hat. Ein rein erwerbsbezogenes Pensionssystem, das dann auch Zeiten abdecken will, in denen eben kein Erwerb stattgefunden hat, muß auf der Beitragsseite zwingend notleidend werden. Da können Sie machen, was Sie wollen.

Daher ist dieses krampfhafte Festhalten an einmal in der Vergangenheit entwickelten Ideen schon der erste Hemmschuh für echte Reformen, und ich möchte Sie darauf aufmerksam machen: Solange Sie zu keinem Mischsystem übergehen – ob man das dann Dreisäulensystem nennt, Vier- oder Zweieinhalbsäulensystem, das ist mir vollkommen gleichgültig –, in dem sowohl umlagegestützte Komponenten, die insbesondere die sozialen Garantieelemente tragen müssen, als auch kapitalgedeckte Elemente, die sich mehr der Aufrechterhaltung des Lebensstandards im Alter zuwenden, solange Sie ein solches Mischsystem nicht als sinnvoll erkennen und sich überlegen, wie man das dann auch umsetzt, damit sich die Leute das überhaupt leisten können, so lange werden Sie aus der Sackgasse nicht herauskommen.

Und das Pensionssystem befindet sich in einer Art Sackgasse. Das hat man deutlich an den Reaktionen auf die Rürup-Studie gesehen. Die Rürup-Studie wäre ja immerhin geeignet, sich jetzt auf ihrer Grundlage zu streiten; man muß nicht immer derselben Meinung sein mit dem, was da drinnensteht, aber es ist immerhin wenigstens ein relativer Befund.

Ich sage deswegen "relativ", weil sich die Studie nur mit einem Teilbereich der sozialversicherungsrechtlichen Systeme beschäftigte und zum Beispiel den öffentlichen Dienst überhaupt nicht berücksichtigte – was nicht Studienauftrag war; das ist schon in Ordnung –, aber wenn man eine wirklich gesamthafte und sozialverträgliche Reform machen will, dann muß man das gesamte Feld der über 60, über 65, über ich weiß nicht wie viele Jahre alten Menschen im Auge haben. Da kann man nicht wieder eine Nischenpolitik betreiben – ich meine jetzt die Jahre 2020, 2030 und folgende –, und man muß vor allem aufhören, so zu tun, als ob eine Reform, die eigentlich schon vorgestern fällig gewesen wäre, die wir daher zumindest heute oder morgen machen sollten, irgend etwas mit den bestehenden Pensionen zu tun hätte, als ob irgend jemand irgendwann schon einmal gefordert hätte, daß man in bestehende Pensionen eingreifen soll. Denn der Vertrauensschutz ist natürlich entscheidend.

Nur: Bestehende Pensionen können ein dynamisches Element haben, das so oder so aussieht, und das muß disponibel sein. Das ist einer der wesentlichen Kritikpunkte, die ich an diesem Antrag vorbringe. Die Idee ist schon richtig, man muß auch ein wertsicherndes Element in dem System haben, aber jede zwanghafte Verknüpfung mit irgendeinem Index – das haben wir inzwischen gelernt – kann ins Auge gehen. Das kann nämlich unleistbar werden, und dann ist es erst recht wieder ein Versprechen, das man nicht einhalten kann.

Daher muß man andere Verknüpfungen entwickeln und darf selbstverständlich auch die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, die Entwicklung des Bruttosozialprodukts und selbstverständlich auch die Inflation nicht aus den Augen verlieren, die im übrigen hoffentlich auch ein Element der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ist – ich meine jetzt die Lohn- und Gehaltsentwicklung –, aber man muß auch die Arbeitslosigkeitsentwicklung berücksichtigen und darf nicht das machen, was in der Vergangenheit gemacht wurde, als die Leute massenhaft in die Frühpension umgeleitet wurden – als Mittel zur arbeitsmarktstatistischen Bereinigung.

Das war natürlich insofern ein Fehler, als man sich das mit dem bestehenden Pensionssystem gar nicht leisten konnte, denn woher soll denn das Geld kommen, wenn die Äquivalenz auf einmal abgeschnitten wird? Man hat das trotzdem gemacht und jetzt muß man aus diesem Dilemma heraus, aber mit einer Indexklausel oder mit einer Verfassungsbestimmung geht das natürlich nicht. Ich hätte auch gerne in der Verfassung stehen, daß ich das ewige Leben habe. Es würde nichts nützen.

Solche ewigen Zusagen – die Verfassung soll doch etwas sein, mit dem man sorgfältig umgeht und was man nicht alle Augenblicke wieder ändern muß – in die Verfassung zu schreiben, würde heißen, man glaubt, der Generationenvertrag, der davon lebt, daß die Menschen unterschiedlichen Alters zueinander stehen und zueinander Vertrauen haben, würde dann solider


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