Damit komme ich auf den Rechtsschutzbeauftragten zu sprechen. Der Rechtsschutzbeauftragte ist eine Verlegenheitserfindung der vorletzten Stunde im Verlauf der Entstehung dieser Regierungsvorlage. Der Wortlaut läßt darauf schließen, daß die Intention auf irgendeinen emeritierten Universitätsprofessor abzielt. Ich glaube, daß sich seine praktische Wirksamkeit als sehr begrenzt erweisen wird. Allerdings bin ich fest davon überzeugt, daß die Regel über die Installierung und über das Wirken dieses Rechtsschutzbeauftragten eine Verfassungsbestimmung sein oder zumindest beinhalten müßte.
Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, der Präsident des Rechtsanwaltskammertages und der Vorsitzende der Volksanwaltschaft sind aufgerufen, entsprechende Vorschläge zu unterbreiten.
Der Justizminister ernennt den Rechtsschutzbeauftragten. Der Rechtsschutzbeauftragte hat die Möglichkeit – oder soll sie zumindest haben –, in die Justiz einzugreifen, in manchen Fällen indirekt, manchmal direkt. Wenn das nicht einer Verfassungsbestimmung bedarf – was sonst? Wenn es so beschlossen wird, wie es jetzt vorliegt, wird sich sicherlich jemand finden, der boshaft genug ist, zum Verfassungsgerichtshof zu gehen; dort wird er vielleicht eine Zeitlang warten müssen, aber er wird – davon bin ich überzeugt – schließlich recht bekommen.
Meine Damen und Herren! Es ist argumentiert worden, daß die Polizei dies alles brauche. Ich zweifle ein wenig daran, daß die Mafia nur darauf wartet, sich dorthin zu begeben, wo die Polizei soeben ihre Wanzen angebracht hat.
Ich darf daran erinnern, daß es zu allen Zeiten die Exekutive gewesen ist, die geglaubt hat, auf irgendwelche Methoden nicht verzichten zu können. Trotzdem hat die Gesellschaft immer wieder die Reife gehabt, darauf zu verzichten.
Aus der Lektüre meiner Studienzeit ist mir in Erinnerung, was vor der Abschaffung der Folter vor sich ging. Da rannten die Exponenten der damaligen Exekutive – wenn Sie so wollen – dem Souverän die Tür ein und behaupteten, ein solcher Schritt sei nicht tragbar; der Rechtsstaat werde zusammenbrechen und die Strafrechtspflege unmöglich werden; man müsse die Delinquenten auf die Streckbank spannen und ihnen die Daumenschrauben ansetzen können; andernfalls könne man mit der Strafrechtspflege "zusperren". – Wir haben die Folter abgeschafft, und trotzdem funktioniert alles. (Abg. Kiss: Dieser Vergleich ist in keiner Form angemessen! Die Folter ist ja nicht vergleichbar!)
Erst im Jahr 1950 wurde die Todesstrafe im ordentlichen Verfahren abgeschafft. Auch damals gab es Leute, die behaupteten, man könne dies nicht tun, weil sonst die Strafrechtspflege nicht mehr funktionieren werde. Heute machen wir – Gott sei Dank – keinen Gebrauch mehr von der Todesstrafe, und die Strafrechtspflege funktioniert noch immer, wenngleich in den Grenzen, die unsere Zeit in diesen Dingen offenbar zieht. (Abg. Kiss: Solche Vergleiche sind ein Armutszeugnis!)
Es geht um eine Werteabwägung. Man kann nicht immer dann, wenn sich die Exekutive etwas wünscht, ihr das auch auf den Christbaum hängen. Manchmal steht dem der Rechtsstaat, die Rechtskultur oder die Menschenrechtskonvention entgegen. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Kiss. )
Es mangelt aber in der Vorlage auch – das sagen uns Fachleute – an durchdachten Vorkehrungen für Zwischenfälle. Es fehlt an der Vorsorge für die Bewältigung solcher Probleme, zum Beispiel für den Fall, daß in eine Wohnung eingebrochen wird, um dort Wanzen anzubringen.
Was ist zum Beispiel, wenn eine Sicherheitsvorrichtung angebracht ist, die teuer und kompliziert ist, sodaß sie von der Polizei nicht bewältigt werden kann? – Das gibt es. Da bedarf es gesetzlicher Regelungen, daß die Erzeuger- und Montagefirmen gezwungen werden können, der Polizei beim Eindringen zu helfen. Gibt es diese Regelungen? – Nein.