Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 82. Sitzung / Seite 155

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Frau Stoisits! Sie haben zynisch angeführt, in den USA sei die Kriminalität trotz Lauschangriff nicht gesunken. Aber Sie haben offensichtlich überhört, daß es gelungen ist, mit Hilfe des Lauschangriffes fünf Familien der Mafia, die natürlich in ganz gravierende Verbrechen verwickelt waren, aufzugreifen. Ich betone: nur mit Hilfe des Lauschangriffes.

Wie groß die Gefahr ist, daß sich die organisierte Kriminalität auch bei uns ausbreitet, geht aus dem Sicherheitsbericht hervor. Erst vor kurzem haben wir diesen Bericht im Ausschuß diskutiert, und da haben Sie ja gesehen, daß der Anteil der organisierten Kriminalität an der Gesamtkriminalität ungefähr 30 bis 35 Prozent beträgt. Der Herr Minister hat in dem Bericht erwähnt, daß die Tendenz zu einer erheblichen Verstärkung des Anteils der organisierten Kriminalität bis zur Jahrtausendwende erkennbar ist. Ich zitiere aus dem Sicherheitsbericht, der ja sicherlich nichts dramatisiert: Die österreichische Exekutive ist mit einem neuen Feind konfrontiert, der, über riesige Geldmittel verfügend, keine Grenzen akzeptiert, auf große Mobilität und auf Unterstützung aus allen Teilen der Welt zählen kann. Die organisierte Kriminalität umfaßt Prostitution, Menschenhandel, Suchtgift.

Ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand dagegen ist, der Exekutive alles nur Mögliche – auch an modernen Mitteln – zur Verfügung zu stellen, um dieser Entwicklung Einhalt gebieten zu können. Ein hoher Exekutivbeamter hat gesagt: Es wird der organisierten Kriminalität auch bei uns in einigen Jahren gelingen, durch Einschüchterung, Bestechung und Manipulationen entscheidenden Einfluß auf Politik, Verwaltung und Medien zu gewinnen. Beispiele dafür sind die Kontrolle von Banken, die Kontrolle von Unternehmen und die Kontrolle von öffentlichen Auftragsvergaben.

Diese Gefahren muß man sehen, wenn man realistisch über die Einführung elektronischer Methoden diskutieren will. Dabei muß man selbstverständlich auch aufzeigen, welche Eingriffe in die Grundrechte damit verbunden sind. Aber wenn Sie die Debatte seriös und ehrlich führen, Frau Abgeordnete Stoisits und Frau Abgeordnete Schmidt, dann müssen Sie auch die Gefahren sehen, die mit der organisierten Kriminalität verbunden sind. Man kann nicht immer nur darstellen, welche Eingriffe in die Grundrechte damit verbunden sind und auf welche Weise die Grundrechte beschränkt werden, und die Gefährlichkeit der organisierten Kriminalität außer acht lassen.

Ich habe Verständnis für die damit verbundenen Ängste und Befürchtungen, denn es ist keineswegs angenehm, sich vorzustellen, daß die eigene Wohnung belauscht und abgehört wird oder daß man Gegenstand der Rasterfahndung ist. Ich habe auch Verständnis dafür, daß einige, vielleicht sogar viele fürchten, die neuen Fahndungsmaßnahmen könnten mißbräuchlich verwendet werden. Aber das Gesetz, das heute beschlossen wird, soll ja jedem Mißbrauch vorbeugen. Es gibt darin alle möglichen Kautelen, um Mißbräuche wie zum Beispiel die Einbeziehung sensibler Daten in die Rasterfahndung zu verhindern.

Allerdings ist meiner Meinung nach etwas übersehen worden, auf das wir uns in unserem Abänderungsantrag beziehen, und das betrifft die im Entwurf vorgesehene Möglichkeit, daß bei Gefahr in Verzug der Untersuchungsrichter allein Lauschangriff oder Rasterfahndung genehmigen kann. Das halte ich für sehr bedenklich, Herr Minister! Stellen Sie sich vor, unter welchen Druck seitens der Exekutive der Untersuchungsrichter geraten kann. Ich spreche aus der Praxis, wenn ich das als das Allergefährlichste bezeichne. Zum Beispiel könnte ein Exekutivbeamter einem Richter vom Flughafen aus mitteilen, daß er nur die Chance habe, die Verdächtigen zu ergreifen, wenn sofort eine Rasterfahndung oder ein Lauschangriff bewilligt werde; andernfalls seien sie fort und es bestehe keine Möglichkeit mehr, ihrer später noch habhaft zu werden. Dadurch entsteht tatsächlich enormer Druck! Ich glaube, daß man diesen Druck abfangen kann, wenn die Ratskammer generell als das Genehmigungsinstitut ins Gesetz aufgenommen wird. Deshalb bitte ich Sie, zumindest dieser einen Bestimmung unseres Abänderungsantrages zuzustimmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zusammenfassend: Prinzipiell ist nicht nur die Frage zu stellen, ob der Staat die Grundrechte verletzt, sondern es ist selbstverständlich auch die Frage aufzuwerfen, in welcher Weise und inwieweit die Verbrecher durch ihr Handeln die


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