Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 36

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

trachten, jenen Jugendlichen, die eine Lehre ergreifen wollen, diese Chance auch zu eröffnen, und andererseits jenen Jugendlichen, die nach Absolvierung weiterführender Schulen in das Arbeitsleben eintreten wollen, eine Beschäftigung zu ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! In einigen Schlagzeilen zu diesem Thema wird einerseits die Frage aufgeworfen: Werden unsere Lehrlinge immer dümmer? – nachzulesen in einer Zeitung, die sich mit Wohnproblemen beschäftigt – und andererseits festgestellt, daß es aufgrund der vielen Förderungsmaßnahmen, die es gibt, noch nie so günstig war wie jetzt, Lehrlinge auszubilden.

Meine Damen und Herren! Wir sollten aber bei der Behandlung dieses Themas auf die Jugendlichen nicht vergessen. Im internationalen Vergleich ist die Entwicklung der Beschäftigung Jugendlicher in Österreich hervorragend, aber dennoch muß es unsere Sorge sein, daß kein Jugendlicher, der arbeiten will, der eine Lehre ergreifen will, auf der Straße bleibt. Diesbezüglich müssen wir, glaube ich, mit vielen Argumenten, die wir in diesen Tagen zu hören bekommen, aufräumen. So heißt es zum Beispiel, daß ein Spenglerlehrling auf dem Dach nicht arbeiten darf. Dieses Gerücht zieht sich wie ein roter Faden durch die Medienberichte. Aber es wird vor allem von der Wirtschaftskammer weitertransportiert, die unter anderem behauptet, es sei unmöglich, einen Lehrling vernünftig auszubilden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verbot an und für sich beschränkt sich nur dann auf die Beschäftigung von Jugendlichen, wenn es dabei um Gefahrenquellen geht. Ein Lehrling kann ohne Probleme auf dem Flachdach beschäftigt werden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll. ) Ein Lehrling kann problemlos (weitere Zwischenrufe bei der ÖVP sowie bei den Freiheitlichen) – Herr Generalsekretär, hören Sie doch zu! – ohne Sicherung auf dem Flachdach beschäftigt werden, wie ich es soeben gesagt habe. Ein Lehrling kann aber auch, Herr Generalsekretär, auf dem Steildach beschäftigt werden, wenn er entsprechend gesichert ist. – Ich meine, wir sollten endlich aufräumen mit Gerüchten, die jeder Grundlage entbehren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben am 1. Juli das Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz in diesem Zusammenhang noch klarer definiert. Das Arbeitnehmerschutzgesetz gilt für alle Arbeitnehmer, ob Lehrlinge oder Erwachsene, und schreibt vor, daß der Verantwortliche dafür zu sorgen hat, daß gemäß den Gefahren entsprechende Maßnahmen getroffen werden.

Meine Damen und Herren! Es stimmt schon, daß die Wirtschaftskammer, aber auch andere Stellen sich gemeinsam anstrengen, zusätzliche Lehrlinge zu beschäftigen. Doch die Tücke liegt im Detail. Ein Beispiel: Als in Niederösterreich zwei große Industriebetriebe mehr Lehrlinge aufnehmen wollten und die Arbeitsmarktverwaltung darüber informierten, hörte man von der Wirtschaftskammer Niederösterreich, es sei kein Bedarf vorhanden.

Meine Damen und Herren! Wie ernst nehmen wir die Frage der Jugendbeschäftigung tatsächlich? Wollen wir mehr Lehrlinge haben? Wollen wir mehr Jugendlichenbeschäftigung haben? Wenn ja, dann sollten wir meiner Meinung nach mit solchen Aktionen aufhören und unser Interesse in eine andere Richtung lenken, nämlich der Jugendbeschäftigung mehr Augenmerk zu schenken. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es wird in diesen Tagen aber auch immer wieder darüber gesprochen, weshalb es keine neuen Lehrberufe gibt. Wir brauchen dringend neue Berufe! Wer hindert uns denn eigentlich daran, neue Lehrberufe einzuführen? Da ist der Wunsch stärker als der Wille zur Tat. Ich habe mich informiert, wie es denn tatsächlich im Zusammenhang mit neuen Lehrberufen ausschaut, welche diesbezüglichen Anträge zurzeit in Diskussion sind. Zurzeit sind in Diskussion die Berufe Bankkaufmann, Sonnenschutztechniker und Fertigungstechniker. Mehr Wünsche nach neuen Lehrberufen gibt es von seiten der Wirtschaft gar nicht.

Meine Damen und Herren! Mir fällt dazu eine ganze Reihe von Argumenten ein, wie zum Beispiel die Frage: Wie wird in unserem Land dem Umstand Rechnung getragen, daß der Kongreßtourismus immer mehr zunimmt? Haben wir in diesem Bereich genug ausgebildete Fachkräfte? – Ich meine, wir sollten darüber nachdenken, ob nicht auch dieser Bereich Wesen eines Lehrberufes sein könnte.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite