Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 82

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Dann darf man nicht übersehen, daß das Datum 1. Juli 1998, zu dem das Mandat für die SFOR in Bosnien-Herzegowina ausläuft, ein ganz dramatisches Datum werden könnte. Cook und ich haben volle Übereinstimmung erzielt, daß wir es als eine Katastrophe ansehen würden, würde sich die Staatengemeinschaft in dieser schwierigen Situation zurückziehen. Man hat jetzt bei den bosnischen Kommunalwahlen gesehen, wie wichtig es war, nicht nur die Präsenz dort zu haben, sondern die Präsenz für diese heikle Wahl von 33 000 auf 38 000 Mann sogar zu erhöhen, sodaß tatsächlich relativ faire und freie Wahlen im Rahmen der Möglichkeiten garantiert werden konnten.

Aber zu glauben, daß all diese Konflikte in den wenigen Monaten bis zum 1. Juli 1998 beendet sein werden und es dann ein friedliches Zusammenleben, eine multikulturelle Gesellschaft im wahrsten Sinne des Wortes geben wird, das halte ich für eine gefährliche Illusion.

Diese Fragen sind schwer planbar und müssen gut vorbereitet werden. Und da können natürlich auch verschiedene andere Dinge, wie etwa die Zypern-Verhandlungen, die auch für den Bereich der Erweiterung sehr wichtig sein werden, die Ukraine – ich komme noch darauf zu sprechen – oder Konflikte auf dem Gebiet der Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, Stichwort Tadschikistan, Konflikte im Kaukasus-Bereich, eine Rolle spielen. Das alles ist schwer planbar, sollte aber schon jetzt gut vorbereitet werden, damit man dann ohne Probleme darauf reagieren kann.

Wir haben uns eigenständige Initiativen vorgestellt. Wir wollen vor allem das Thema Bildung als eine Standortqualität für das 21. Jahrhundert besonders in den Vordergrund rücken, und ich meine, daß Europa diesbezüglich sehr viel machen kann: durch Austauschprogramme, durch eine Koordinierung, durch Best-practice-Modelle und den Austausch der besten Erfahrungen der verschiedenen europäischen Länder. Dieser Bereich ist vielleicht noch der weichste, da können wir intern, natürlich interministeriell gut abgestimmt, etwas vorarbeiten und weiterentwickeln.

Man muß ganz offen sagen, die Vorsitzführung kann man parlamentarisch schwer binden, das ist unmöglich, aber man kann selbstverständlich vollinhaltlich und offen und ehrlich informieren, denn wir haben jedes Interesse daran, daß die österreichische Position als Vorsitzland in der Europäischen Union innerstaatlich möglichst außer Streit bleibt und auf einer breiten, abgesicherten Unterstützung beruhen kann.

Wir werden etwa 1 000 Termine haben, 200 Ratsarbeitsgruppen unter unserem Vorsitz, elf informelle Ministerräte, und wenn ich alle bilateralen Termine zusammenzähle, die wir etwa mit Rußland, mit dem Transatlantischen Dialog, mit der Rio-Gruppe und so weiter haben, komme ich auf etwa noch einmal 40 Ministertermine. Allein in der UNO-Woche – ich bin ja nächste Woche bei den Vereinten Nationen in New York und werde das auch sehr aktiv im Lichte dieser Vorbereitung mitverfolgen – sind ungefähr hundert verschiedene Gesprächstermine auf Spitzenebene vorgesehen. Ich sage das, damit man ungefähr sieht, welch beachtliche quantitative – ich rede nicht von der Qualität – Herausforderung das ist.

Ich möchte an dieser Stelle vor allem meiner Staatssekretärin danken, die zu Recht von der liberalen Sprecherin gelobt wurde, weil sie wirklich höchst professionell und hervorragend eigenständig – und das ist ja unter anderem ihr Verantwortungsbereich im Außenministerium – diese Frage vorbereitet. Ich möchte aber an dieser Stelle auch den interministeriellen Arbeitsgruppen im Bundeskanzleramt, wo eine Reihe von sehr qualifizierten Mitarbeitern diese Vorbereitung mitträgt, aber auch in den anderen Ressorts, im Finanzministerium, im Wirtschafts- und im Landwirtschaftsministerium, im Sozialministerium, sehr, sehr herzlich für diese reibungslose Zusammenarbeit danken. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Erlauben Sie mir, daß ich auch noch ein paar Worte zur Erweiterung sage. Diese wird uns inhaltlich noch sehr beschäftigen. Es geht mir aber doch auch um eine politische Wertung, die mir persönlich sehr wichtig ist. Es ist mir völlig klar, daß Erweiterungsverhandlungen mit den mittel- und osteuropäischen Ländern nicht vergleichbar sind mit dem Beitritt Österreichs, Schwedens oder Finnlands, das ist nicht vergleichbar, auch nicht vergleichbar mit dem Beitritt Großbritanniens, Portugals, Irlands oder Dänemarks, aber man denke an Spanien oder Grie


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