Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 121

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15.03

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Einleitung zunächst zwei Sätze, die mir sehr wichtig sind.

Erstens meine ich, es ist wichtig festzuhalten, daß, was die Arbeit der beiden Kontrollausschüsse im Parlament zu den Heeresgeheimdiensten betrifft – auf diese Arbeit werden wir ja sicherlich noch eingehen –, Vertraulichkeit gilt. Diese ist selbstverständlich auch in dieser Debatte einzuhalten, und daran halte ich mich selbstverständlich.

Zweiter Punkt: Dies ist keine Bundesheer-Debatte, sondern eine Debatte über die Demokratie in unserem Lande. Dies ist eine Debatte über die Grundrechte in diesem Land und die Frage, wie man mit Bereichen, in denen es zumindest diskussionswürdige Fragen über Demokratieverträglichkeit gibt, politisch umgeht und wie eine parlamentarisch-politische Kontrolle diesbezüglich im Detail aussehen könnte, daß sich das Bundesheer im eigenen Territorium, in eigenen Bereichen selbst schützt. Auch das – vorweggestellt – ist für mich eine Selbstverständlichkeit und sollte nicht Kern und Gegenstand einer Debatte sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die österreichischen militärischen Dienste haben eine lange Tradition, sind nach 1955 Schritt für Schritt wieder entstanden. Das Heeres-Nachrichtenamt wurde 1972 gegründet, 1985 gab es die politisch bekannte Situation der Teilung dieses Dienstes in ein Heeres-Abwehramt und in einen Heeres-Nachrichtendienst durch den damaligen Verteidigungsminister Dr. Frischenschlager. Er wird seine Gründe gehabt haben. Er hat damals auch einiges über die Notwendigkeit von klaren, konkreten gesetzlichen Rahmenbedingungen formuliert. Verteidigungsminister Fasslabend hat dies bereits mehrfach anders gesehen. Ich zitiere aus einer APA-Aussendung des Verteidigungsministers vom 16. April 1996, in der Minister Fasslabend folgendermaßen zitiert wird: Die Einrichtung der Heeres-Nachrichtendienste und die Festlegung ihrer Kompetenzen muß nicht gesetzlich geregelt sein. – Zitatende.

Das war erstens eine sehr klare Aussage darüber, daß es derzeit – abgesehen von Verordnungen und Weisungen – diese detaillierte, konkrete gesetzliche Festlegung von Rahmenbedingungen nicht gibt; und genau das ist derzeit die problematische und politisch höchst fragwürdige Praxis.

Es existieren im Bereich des Bundesheeres zwei große Dienste, die von ihrer Budgetierung, von ihrer Personalausstattung, von ihrer technischen Ausstattung her bedeutend über die Staatspolizei zu stellen sind. Es existieren zwei große Dienste ohne einen konkreten, detaillierten gesetzlichen Rahmen. Es existieren zwei Geheimdienste im militärischen Bereich ohne eine konkrete gesetzliche Definition ihrer Arbeitsbefugnisse und Arbeitslegitimationen und ohne eine detaillierte Verankerung der Bürger- und Grundrechte. Deshalb können diese beiden großen Dienste seit vielen Jahren in einem weitgehend gesetzesfreien Raum arbeiten. Österreich ist damit – und ich habe mir vieles an vergleichenden Studien angesehen –, was die Einbindung von Grundrechten, Transparenz und Bürgerrechten bei den Geheimdiensten betrifft, europaweit das Schlußlicht.

Das ist die derzeitige Situation aus unserer Sicht. Zwölf Jahre Wildwuchs in diesem Bereich – seit 1985, seit der Teilung – müßten eigentlich endlich genug sein. Zwölf Jahre Wildwuchs, zwölf Jahre Entwicklung zu einem Staat im Staat müßten endlich reichen und längstens genug sein.

Es wurde heuer zu Jahresbeginn – auch parlamentarisch öffentlich – angekündigt, daß es sehr wohl einen Fortschritt in die Richtung geben würde, daß mittels eines Militärbefugnisgesetzes diese gesetzliche Legitimation für die Arbeit der Nachrichtendienste, der militärischen Geheimdienste in Österreich geschaffen werde.

Das wurde für das erste Quartal dieses Jahres angekündigt. Anfang August dieses Jahres wurde – nach meinem Informationsstand – der Entwurf für ein derartiges Militärbefugnisgesetz an das Innenressort und an die Parlamentsklubs von ÖVP und SPÖ übermittelt. Dieser Entwurf wurde uns vor wenigen Tagen zugespielt; er ist erschreckend genug. (Abg. Scheibner: Diskretion!) Es handelt sich hiebei um einen Entwurf, der nicht nur auf Beamtenebene ein Vorentwurf ist, Herr Minister, sondern dies ist ein Entwurf, der in weiten Bereichen – natürlich nicht nur im Heeresbereich – politisch akkordiert ist und der eben in der regierungsinternen Vorbegut


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