Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 172

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Und schlußendlich können wir der organisierten Kriminalität nur dann entgegentreten, wenn wir bei der Verbrechensbekämpfung international zusammenarbeiten. Daher ist Europol für mich sehr, sehr wichtig, und ich glaube, daß es uns damit gelingen wird, auch hier der Kriminalität Herr zu werden.

Der nächste Bereich, meine sehr geehrten Damen und Herren – Frau Abgeordnete Partik-Pablé hat das nicht zu Unrecht angeschnitten –, ist die Drogenkriminalität. Aber – das möchte ich auch klar sagen – machen wir bitte nicht den Fehler, zu glauben, daß die Drogenkriminalität durch die österreichische Exekutive, durch die Gendarmerie und Polizei allein bekämpft werden kann. Ich halte die Bekämpfung der Drogenkriminalität für eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und für einen gesamtgesellschaftlichen Auftrag, und wir müssen alles unternehmen, daß alle gesellschaftlichen Institutionen, alle sozialen Vereine gemeinsam versuchen, in diesem Bereich Erfolge zu erzielen.

Wir haben Erfolge bei der Drogenbekämpfung. Wir nehmen immer mehr Drogendealer fest, wir haben eine ständig steigende Zahl von Anzeigen, und wir stellen jedes Jahr mehr Drogen sicher als im vergangenen Jahr, aber trotzdem sind die Erfolge noch viel zu gering. Ich meine, daß das neue Suchtmittelgesetz, das die Therapie und vor allem die Strafe für den Händler in den Vordergrund stellt, auch eine wichtige Maßnahme sein wird. Dadurch wird es uns vielleicht gelingen, der Drogenkriminalität ein wenig Herr zu werden.

Der letzte Punkt, auf den ich im Zusammenhang mit Sorgen hinsichtlich der Kriminalitätsentwicklung eingehen möchte, ist die Gewalt in der Familie. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bitte glauben Sie nicht, daß ein Großteil der Verbrechen, vor allem der Verbrechen gegen Leib und Leben und der Morde, die in Österreich geschehen, von anonymen Tätern an anonymen Opfern ausgeübt werden. Das ist leider nicht der Fall. Es ist so, daß zwei Drittel der 170 Morde, die im vergangenen Jahr begangen wurden, Morde innerhalb des Familienverbandes waren, und mehr als drei Viertel aller Morde, die in Österreich stattgefunden haben, waren Beziehungsmorde, das bedeutet Morde im unmittelbaren Verwandten- und Bekanntenkreis. Diese Tatsache muß uns zum Nachdenken anregen und uns bewußt machen, daß diesbezüglich sehr viele Maßnahmen notwendig sind. (Zwischenruf der Abg. Rossmann. ) In der Familie, ja.

Das Phänomen Gewalt in der Familie zu bekämpfen, ist eine notwendige Maßnahme, die ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag ist. Es bedarf dazu sehr großer Zivilcourage jedes einzelnen von uns; nicht nur der Politiker, sondern jeder einzelnen Person in Österreich.

Was noch wichtiger und noch notwendiger ist, ist ein entschiedenes Vorgehen gegen die Mißhandlung von Kindern, vor allem gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im vergangenen Jahr hat es knapp 800 Anzeigen gegeben. Es sind dann wahrscheinlich bei einem Drittel bis maximal der Hälfte der Anzeigen die Täter auch verurteilt worden.

Vorsichtig geschätzte Dunkelziffern besagen jedoch, daß es nicht 800 Verbrechen gibt, sondern daß mindestens 15 000 bis 20 000 Kinder pro Jahr in Österreich sexuell ausgebeutet oder mißbraucht werden. Dagegen müssen wir gemeinsam entschieden vorgehen. Wir müssen gemeinsam die Mauer des Schweigens durchbrechen und mit aller Kraft und aller Gewalt – das sage ich ganz bewußt – versuchen, dieser schrecklichen Mißstände in Österreich Herr zu werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abgeordneter Kiss ist ausführlich auf die Grenzsicherung eingegangen. Ich meine, daß es zur Grenzsicherung in Österreich keine Alternative gibt und daß es unser gemeinsamer Auftrag sein muß, keinen neuen eisernen Stacheldrahtzaun an unserer 1 260 Kilometer langen Ostgrenze zu errichten, aber doch sehr wirkungsvoll gegen den illegalen Menschenschmuggel, den es über unsere Grenzen gibt, vorzugehen, damit uns die Bekämpfung des organisierten Verbrechens, des Schlepperunwesens und des organisierten Menschenschmuggels gelingt. Es ist das in den letzten Jahren ein Milliardengeschäft geworden, und daher ist es notwendig und wichtig, den Schlepperorganisationen, die Menschen unter den


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