Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 88. Sitzung / Seite 46

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Kind schlecht sozialisiert – "geprägt", habe ich gelesen in der Presseaussendung. Diese Art von Menschenverachtung ist genau das Klima, in dem ein noch so verqueres Gehirn auf die Idee kommt, Flüchtlingshelfer zu bombardieren. Das ist das Problem! (Beifall beim Liberalen Forum, bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Andererseits kann man natürlich als Beobachter der Szene mit dem Hin und Her beim Täterprofil auch keine Freude haben – das sage ich Ihnen schon –, denn die Frage, ob ich ein Fahndungsinstrument – und ein Täterprofil ist zu allen Zeiten ein Fahndungsinstrument – veröffentliche oder nicht veröffentliche, ist aus meiner Sicht eine kriminaltaktische oder kriminalpolizeiliche Fachfrage.

Da kann man wahrscheinlich unterschiedlicher Meinung sein. Ich weiß nicht, ob es zu allen Zeiten probat ist, Tätern, denen man in so einem Fall eine große Intelligenz zuordnen muß, weil die Taten ja recht ausgeklügelt waren, mitzuteilen, wie nahe man schon an ihnen dran ist, und das ist die Veröffentlichung eines Täterprofils. Ich bin nicht Fachmann genug, Ihnen sagen zu können, ob das gut ist oder nicht, aber ich meine, es ist sicherlich vertretbar, daß man das mit einer gewissen Skepsis sieht. (Abg. Dr. Graf: Bevor man es unterdrückt, ist es besser, es zu veröffentlichen!)

Erlauben Sie mir ein Zitat aus der heutigen Ausgabe einer Tageszeitung, in der sich der eigentliche Verfasser des Täterprofils äußert; das wird Sie vielleicht interessieren (Abg. Mag. Stadler: Was nützt ein Täterprofil, von dem niemand etwas erfährt?): Laut Thomas Müller, dem für das Täterprofil verantwortlichen Psychologen des Innenministeriums, sei das Originalgutachten zum Täterprofil noch gar nicht veröffentlicht worden. Jenes im Buch des Grassl-Kosa sei ein anderes. Müller: Es wird der Zeitpunkt kommen, wo wir es veröffentlichen können. (Abg. Mag. Stadler: Da schüttelt der Innenminister den Kopf! Das ist ja nicht richtig!)

Solange solche Dinge in Schwebe sind, ist es müßig, politisches Kleingeld daraus zu schlagen, ob die Maßnahme der Veröffentlichung richtig oder falsch ist, denn das müssen die Fachleute entscheiden. Ich bin der Auffassung: Wenn ich jemanden ausforschen will, ist es nicht besonders günstig, wenn ich den, hinter dem ich nachforsche, frühzeitig warne. Es kann Leute geben, die meinen, das sei günstig, weil sie glauben, daß sie dann den Täter in Angst und Schrecken versetzen und er dann Fehler macht. Das ist eine Möglichkeit. Nur: Der Fehler, den der Herr Fuchs gemacht hat und der zu seiner Festnahme geführt hat, war der panische Fehler eines Menschen, der auch sonst vielleicht nicht überall ganz richtig reagiert. Allerdings hat er eine Phobie ausgelebt, die in ihren Ergebnissen eindeutig fremdenfeindlich ist. Ob er das jetzt bewußt gemacht hat, planmäßig, organisiert, oder ob er nur auf dem Nährboden gelebt hat, der in diesem Land für manches leider sehr konstitutiv ist, ... (Ruf: Sie fallen ja immer noch darauf rein! Unglaublich!) Wenn ein Mensch entgleist, geistig, gedanklich, in seinen Handlungen, wie Fuchs, dann sucht er sich Ziele, und daß er dabei auf solche Ziele kommt, ist ein Spiegel unserer Gesellschaft. Glauben Sie mir das! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Das ist ja marxistische Ideologie: Die Gesellschaft ist schuld an allem!)

Das ist ein Spiegel unserer Gesellschaft. Er hätte sich genausogut irgendein anderes verqueres Ziel suchen können, von mir aus die Eisenbahn, von mir aus die Autobahnen oder irgend etwas anderes, aber er hat mit sehr großer Sorgfalt und Akribie Personen ausgewählt, die in einen ganz bestimmten Raster passen, und das ohne Rasterfahndung. (Abg. Dr. Graf: Marxismus und Liberalismus sind unverwechselbare Zwillingsbrüder! Wer hat denn das gesagt?)

Die Zuordnung ist eine kulturgeschichtliche Leistung, eine geistige Leistung, keine organisatorische Frage. Das ist nicht eine Frage der Organisationsmerkmale, sondern das ist eine Frage: Wie positioniert sich jemand innerlich, oder seine Mittäter? Und dieses geistige Klima ist das Thema der Auseinandersetzung.

Aber verlassen wir diesen Boden, gehen wir zurück zur Aufklärungsfrage und fragen wir uns: Ist im Innenministerium wirklich alles so effizient gelaufen?! Da bin ich mir nicht ganz sicher. Ich will jetzt nicht rückwirkend frühere Erfolge einmahnen – bei solchen Taten sind die Erfolge schwer


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