Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 88. Sitzung / Seite 70

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Menschen, ganz gleich, ob er in der Politik, in der Flüchtlingshilfe, wo immer tätig ist, heißt, aufgrund seiner Geisteshaltung eine Bombe ins Haus geschickt zu bekommen. Das ist der Wahnsinn!

Ich kritisiere eine politische Vereinnahmung von jeder Seite. Aber Sie von den Freiheitlichen haben das ganz massiv betrieben. Genauso paradox wäre es doch gewesen, den Herrn Fuchs in Ihr Eck zu stellen, weil er vielleicht jemanden kennt, der jemanden kennt, der einmal freiheitlich gewählt hat. Das kann es wirklich nicht sein. Das kann nicht der Zugang sein.

In Wahrheit müssen wir doch froh darüber sein, daß die erdrückende Beweislast, die der Herr Innenminister heute vorgelegt hat, sehr stark für eine Einzeltätertheorie oder für eine vielleicht sehr, sehr kleine Gruppe einiger Verrückter spricht und weit weniger für einen politischen Hintergrund bei diesen Anschlägen. Das ist meine Überzeugung. Herr Mag. Stadler! Ich ersuche Sie wirklich, das nicht zu tun, was Sie bei anderen verurteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

15.16

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Eingangs eine Frage an meinen Vorredner, Kollegen Amon. Wer schreibt denn Ihre Presseaussendungen, oder haben Sie ein so schlechtes Gedächtnis? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Er verdrängt es!) Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie glauben, daß wir ein so schlechtes Gedächtnis haben oder eine so schlechte Pressestelle, wenn Sie hier ans Rednerpult treten und sich scheinheilig, nicht überbietbar scheinheilig gegen Sippenhaftung aussprechen und den Kollegen Stadler kritisieren.

Herr Kollege Amon! Lesen Sie einmal nach, welche Aussendung Sie am 7. Oktober 1994 gemacht haben. Soll ich sie Ihnen vorlesen, falls Sie es selber nicht mehr wissen? – Kollege Amon wirft in dieser Aussendung wegen dieser Attentate der FPÖ vor, sie habe Faschisten aus der Reserve gelockt. Er stellte die Frage an FPÖ-Repräsentanten wie Haider und die niederösterreichischen FPÖ-Politiker Hans Jörg Schimanek senior und Barbara Rosenkranz, ob es sie glücklich macht, wenn ihre Politik jetzt die gebührenden Früchte trägt. – Kollege Amon! Was ist das, wenn nicht Sippenhaftung gegenüber Hans Jörg Schimanek senior oder Barbara Rosenkranz? Was haben sie denn anderes verbrochen, als daß Hans Jörg Schimanek senior einen Sohn hat, der eine Politik vertritt, die wir alle nicht vertreten? Und von dieser Politik hat er sich auch x-mal distanziert! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Amon, ich fordere Sie auf, nicht hier ans Rednerpult zu treten wie andere auch und sich scheinheilig gegen Sippenhaftung auszusprechen und völlig zu vergessen, was ihr alle in den letzten drei Jahren auch von diesem Rednerpult aus und in Presseaussendungen in diesem Land aufgeführt habt, wenn es darum ging, genau diese Fragen zu instrumentalisieren!

Wir haben uns nicht für die Sippenhaftung ausgesprochen, wir haben nur darauf hingewiesen, daß, wenn wir solche Maßstäbe wie ihr anlegen würden, die SPÖ eine Mitverantwortung für diese Anschläge hätte. – Dasselbe Spielchen, das man mit uns gemacht hat. Kollege Amon! Wir wenden uns gegen diese Sippenhaftung. Aber euer Gedächtnis ist offenbar so schlecht, daß ihr heute all das vergessen habt, was ihr in den letzten drei Jahren an Aussendungen verbrochen habt.

Meine Damen und Herren! Kollege Leikam! Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie wirklich alles glauben, was Sie da vom Rednerpult aus gesagt haben. (Abg. Leikam: Doch, ich bin überzeugt davon!) Wenn Sie davon überzeugt sind, dann muß ich sagen, es wundert mich nicht – und das sage ich aus tiefster Überzeugung; Herr Jarolim hat von verschiedenen Leuten bei uns gesprochen, die sozialdemokratische Wurzeln haben –, und mir ist auch klar, warum sich in den letzten zehn Jahren Zehntausende echte Sozialdemokraten von Ihrer Partei abgewendet haben (Beifall bei den Freiheitlichen), nämlich Sozialdemokraten, für die das Wort "Gerechtigkeit" noch ein Wert ist, Gerechtigkeit und Wahrheit, Kollege Leikam!


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