Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 88. Sitzung / Seite 102

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schenruf des Abg. Dr. Trinkl ), damit die Unternehmerseite sagen kann: Ja, das ist genau das, von dem wir der Meinung sind, das ist betrieblich noch zu rechtfertigen!?

Kollege Trinkl! Ich weise Sie auf einen für den Autor meiner Meinung nach bezeichnenden Kommentar des Herrn Jens Tschebull im "WirtschaftsBlatt" hin, in dem er schreibt, daß erst dann Schluß sei, wenn das Lehrgeld für die Lehrlinge wieder eingeführt worden sei. – Und das ist die richtige Antwort auf das, was derzeit diskutiert wird.

Nun weiß ich, Herr Kollege Trinkl, daß Sie nicht Herr Tschebull sind und weder dieser Meinung sind noch so etwas anstreben. Ich nehme an, daß sich niemand in der ÖVP, niemand in der FPÖ, niemand in diesem Haus dorthin versteigen wird. Trotzdem sei die Frage gestattet: Wie weit sollen der Abbau von Schutzbestimmungen (Abg. Tichy-Schreder: Geld ist keine Schutzbestimmung!) und der Abbau des Entgelts für Lehrlinge gehen – angesichts dessen, daß Sie heute von diesem Rednerpult aus verkünden, daß das, was Sie nun in bezug auf die Flexibilisierung des Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetzes erreicht haben, nur ein Zwischenschritt sei? Es ist nun eine etwas größere Flexibilität erreicht worden, aber Sie würden weitermachen.

Wenn ich mir – und da verstehe ich sogar den Kollegen Peter, auch wenn ich sonst nicht einer Meinung mit ihm bin – die Bestimmungen dieses Gesetzes anschaue, nämlich daß es gesonderte Schutzbestimmungen für die Nachtarbeit in der Gesundheits- und Krankenpflege, wo man überhaupt die Nacht durcharbeiten kann, ohne den Jugendlichenschutz zu verletzen, gibt, dann muß ich feststellen, daß wir in bezug auf die Kinder- und Jugendbeschäftigung schon in jenem Stadium sind, wo wir bei der Frauennachtarbeit waren beziehungsweise sind.

Es ist für niemanden mehr einsichtig, wozu diese Schutzbestimmungen gültig sind, weil sie in bestimmten Bereichen für alle eigentlich nur noch Benachteiligungen oder Verzerrungen bieten. Das ist der Punkt. Wenn wir schon eine Debatte über Kinder- und Jugendbeschäftigung sowie Schutzbestimmungen führen – ich bin dafür, sie zu führen –, dann für alle gemeinsam. Es kann nicht sein, daß in einer Branche, die sich besser durchsetzen kann – weil sie, etwa was zum Beispiel die Gesundheits- und Krankenpflege betrifft, eher staatlich organisiert ist, würde ich einmal vermuten –, rundherum die Freiheit herrscht, jugendliche Lehrlinge auch in der Nacht beschäftigen zu können. (Abg. Dr. Trinkl: Sie können nicht alle Branchen über einen Kamm scheren!)

In Branchen, denen es schlecht geht, findet man immer noch eine Möglichkeit für eine Ausnahmebestimmung. Weil sie aber der eine bekommt, will sie auch der andere. Dieser erhält sie dann eben nicht bis 23 Uhr, sondern nur bis 21 Uhr. Und so wird – wie in einem Basar – um Ausnahmebestimmungen gefeilscht! Das kann doch nicht Sinn und Perspektive des Jugendschutzes sein! (Abg. Tichy-Schreder: Über das regen sich die Unternehmer ja auf! – Abg. Dr. Trinkl: Wir wären ja gerne weitergegangen! – Abg. Gaugg: Warum haben Sie es nicht gemacht? – Abg. Dr. Trinkl: Das war nicht durchzusetzen!) Ich sage Ihnen: Das ist falsch, in diese Richtung gehen wir nicht mit!

Damit bin ich bei den Aussagen des Kollegen Peter. Er hat mir vorgeworfen – er ist im Moment nicht im Saal ... (Abg. Dr. Trinkl: Ich gebe es durchaus zu: Wir hätten gerne eine allgemeine Lösung gehabt, die allen dient!) Ja, aber wir treffen uns wahrscheinlich nicht an jenem Punkt, an dem sozusagen der Limes überschritten ist! Das ist es, und darüber müßten wir offen und ehrlich diskutieren, wenn das Wort "Jugendschutz" in diesem Zusammenhang noch eine Berechtigung haben soll, sonst können wir ja gleich sagen: Jugendliche sind ab 14 Jahren ohnehin Erwachsene, und es gelten für sie natürlich auch alle Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzes. – Das kann es wohl nicht sein!

Kollege Peter, nun zu deinem Vorwurf, daß ich über Sachen rede, von denen ich nichts verstehe. Mit einem solchen Vorwurf sollte man etwas vorsichtiger umgehen, und zwar deswegen, weil ich durchaus zugebe, daß mir bestimmte Erfahrungen, was die Unternehmersicht dieser Dinge betrifft, fehlen. Etwas Gegenteiliges habe ich nie behauptet, sondern immer gesagt, daß das, was ich hier für die Kinder oder Jugendlichen im konkreten Fall einfordere,


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