Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 66

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Ich werde trotzdem den Versuch unternehmen, den Vorschlag eines neuen Steuermodells hier im Hohen Haus zur Diskussion zu stellen. Ich meine, man muß davon ausgehen, daß wir zur Selbstveranlagung des mündigen Bürgers kommen. Das Reglementierungsprinzip mit seiner Undurchschaubarkeit des Steuerrechts, mit seiner Unnachvollziehbarkeit des Sozialrechts, mit seiner Unverständlichkeit der arbeitsrechtlichen Bestimmungen ist bürokratietreibend und erzeugt Rechtsunsicherheit.

Wir werden den Schritt machen müssen, dem Glauben an die Reglementierbarkeit der Gesellschaft abzuschwören und dem einzelnen Menschen Verantwortung zuzumessen. Das bedingt aber die Voraussetzung, daß wir ihm jene soziale Sicherheit geben, die die Grundlage dafür ist, daß er frei sein kann.

Die Selbstveranlagung des mündigen Bürgers bedeutet, daß jeder Bürger am Ende des Jahres seine Einkommen – viele Bürger, mehr, als wir glauben, haben mehr als ein Einkommen, mehr als eine Einkommensart; nicht alle, aber immer mehr – selbst veranlagt, damit das tatsächliche Einkommen der Bürger festgestellt werden kann. Wir werden eine horizontale Steuergerechtigkeit zwischen den unterschiedlichen Einkommen finden müssen. Es ist nicht einzusehen, warum ein Kapitaleinkommen unterschiedlich besteuert wird, je nachdem, ob es von einem Sparguthaben stammt oder aus Dividenden. Warum besteuern Sie Geld, das jemand einem Unternehmen gibt, mit bis zu 50 Prozent – 34 plus 25 macht an die 50 mit dem Schatteneffekt –, und wenn es jemand risikolos in Staatspapieren anlegt, dann besteuern Sie es nur mit 25 Prozent!?

Das ist eine Frage der Steuergerechtigkeit. Wo wollen Sie denn, daß Geld hinfließt? Es wird immer dorthin fließen, wo Sie es am geringsten besteuern. Ihre jetzigen Rahmenbedingungen, Herr Staatssekretär, bedeuten: Steck ja kein Geld in Unternehmen, denn da zahlst du in einer Personengesellschaft 50 Prozent Grenzsteuersatz, in einer Kapitalgesellschaft mit der Ausschüttung auch an die 50 Prozent; steck es in Staatspapiere, denn da zahlst du nur 25 Prozent! – Das sind die klaren Rahmenbedingungen Ihrer Politik, das steht in Ihrem Budget! (Abg. Jung: Das weiß er eh, muß er als Regierungsmitglied aber vergessen!) – Ich kann aber trotzdem versuchen, das Managergewissen in Herrn Ruttenstorfer zu wecken, vielleicht gelingt es mir, lassen Sie mich den Versuch weiterführen!

Wir Liberale haben uns den Kopf darüber zerbrochen, statt der Sozialbürokratie eine Negativsteuer einzuführen. Heute hat Gott sei Dank jeder Mensch das Recht auf Sozialhilfe, auf Ausgleichszulagen, das heißt, es gibt in Österreich bereits das Recht auf ein Mindesteinkommen, von Bundesland zu Bundesland verschieden, mit unterschiedlichen Sozialhilfesätzen und so weiter. Wir meinen, es wäre einfacher, unbürokratischer und der Menschenwürde entsprechend, zu sagen: Über eine Negativsteuer hat jeder Mensch ein Grundeinkommen, das irgendwo zwischen 6 000 und 8 000 S liegt. Das ist ein sehr, sehr komplizierter Prozeß, und ich lade Sie, liebe Regierungsfraktionen, ein, nicht gleich zu sagen, wie es nicht geht, sondern das Projekt zumindest einmal zu lesen und darüber nachzudenken, liebe Kopfs, liebe Khols, liebe Schwarzböcks, bevor ihr euch dazu zu Wort meldet. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich bin davon überzeugt, daß wir die Transfers einkommensabhängig staffeln müssen. Das hat Bundeskanzler Vranitzky gesagt, das hat Bundeskanzler Klima gesagt, das hat Herr Edlinger gesagt – nur: In Ihrem Budget steht es nicht! (Abg. Schaffenrath: Herr Nowotny hat es auch gesagt!) Also auch Nowotny sagt es! Es steht aber nicht in Ihrem Budget, das Budget ist aber die in Zahlen gegossene Politik der Bundesregierung. Also warum schreiben Sie es dann nicht ins Budget? – Ich glaube nicht, daß Sie mit den Reformschritten in der Geschwindigkeit, wie Sie sie heute vorlegen, weiterkommen werden.

Ich meine, daß wir die gesamte Frage der Lohn- und Einkommensbesteuerung neu regeln müssen. Auf Sonderregelungen und Sonderabsetzbeträge werden wir weitgehend verzichten müssen, um zu einem einheitlichen und wesentlich niedrigeren Steuersatz zu kommen. Wir werden auch zu lernen haben, wissend, daß aufgrund der demographischen Entwicklung das Pensionssystem, das wir heute haben, nicht weiter funktionieren wird, daß wir über die Grundsicherung hinaus – das ist die Sicherung für jeden Menschen – in Richtung Privatvorsorge etwas tun müssen. Dann müssen wir aber auch Pensionsbeiträge entweder auf beiden Seiten absetz


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