Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 74

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ohne Angabe von qualifizierten Gründen aufheben können. (Abg. Haigermoser: Stimmt das? In einem Rechtsstaat?!) Das muß man sich vorstellen! Sieben Jahre lang soll die Finanzverwaltung ermächtigt werden, ohne Angabe von qualifizierten Gründen Bescheide einfach aufzuheben!

Herr Staatssekretär! Wir Freiheitlichen werden dieser BAO-Novelle jeden erdenklichen demokratischen Widerstand entgegensetzen (Beifall bei den Freiheitlichen), denn eines ist klar: Rechtssicherheit muß vor Rechtsrichtigkeit gehen. Das ist ein klarer Anspruch an diese BAO-Novelle.

Herr Kollege Nowotny hat bei seinen Ausführungen hier wieder die Standardrede, Seite eins, verwendet und hat die Arbeitsmarktpolitik, die niedrige Arbeitslosenrate in Österreich zitiert. Die Zahl war zweifellos richtig. Nur: Wenn wir ehrlich und objektiv diskutieren wollen, dann müssen wir hinterfragen, wie es zu dieser Arbeitslosenrate gekommen ist, und ich werde nicht müde, hier immer wieder zu sagen, warum das so ist.

Herr Kollege Dr. Heindl! Wir Österreicher sind Weltmeister bei den Frühpensionisten. Zehntausende befinden sich in Karenz, in Stiftungen, in Umschulungen. Wir haben nach wie vor einen überproportional hohen Anteil an öffentlich Bediensteten. Wenn man alle diese Faktoren zusammenfaßt, kommt man in Österreich auf eine strukturelle Arbeitslosigkeit, die zweistellig ist. Und da von einer erfolgreichen sozialdemokratischen Arbeitsmarktpolitik zu sprechen, ist eine Verhöhnung jener 200 000 Menschen, die teilweise oft Jahre hindurch arbeitslos sind (Beifall bei den Freiheitlichen) , insbesondere jener, die heute mit 48, 50, 52 Jahren keine Chance mehr haben, in den Arbeitsprozeß eingegliedert werden zu können.

Diese Schönfärberei ist auch ein Schlag ins Gesicht jener rund einer Million Österreicherinnen und Österreicher, die hart an oder unter der Armutsgrenze leben. Ich würde Herrn Professor Nowotny empfehlen, sich von der Universität, von der Hochschule wegzubegeben und einmal an einer Armutskonferenz in Österreich teilzunehmen. Dann würden auch ihm, der im geschützten Bereich arbeitet, die Augen aufgehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben das Budget 1997 als "Schwindelbudget" bezeichnet. Ich möchte auch erläutern, warum. Wie konnte das Budgetziel erreicht werden? – Durch Vorgriffe auf künftige Budgets, Aussetzung der Verlustvorträge, Sistierung der Freibetragsbescheide, Sonderzuschläge bei der Einkommensteuer und Körperschaftssteuer, 13. Umsatzsteuervorauszahlung, IFB-Vorauszahlung, Vorziehung der Fälligkeitstermine bei der Umsatzsteuer, Mindest-KÖSt und so weiter, und so weiter, mit dem Ergebnis, daß EUROSTAT Österreich für das Jahr 1996 eine Abgabenquote von 45,7 Prozent ausweist. – Damit gibt es nur mehr vier Länder in der EU, die eine höhere Steuern- und Abgabenquote haben als Österreich.

Es wird immer darauf hingewiesen, daß die Deutschen auf uns Österreicher schauen, welch gutes Steuer- und Abgabenwesen wir haben. Meine Damen und Herren! Die österreichische Abgabenquote beträgt 45,7 Prozent, die der Bundesrepublik Deutschland 42 Prozent. Um 3,7 Prozent ist die Staatsquote in Österreich höher als in der Bundesrepublik Deutschland, wobei in der Bundesrepublik Deutschland auch die Kosten der Wiedervereinigung zu tragen sind. Das als eine erfolgreiche österreichische, sozialdemokratische – mit ÖVP-Restbeteiligung – Budget- und Finanzpolitik hinzustellen, ist mehr als kühn, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gäbe noch viele Einzelmaßnahmen anzuführen. Lassen Sie mich als besonders negatives Beispiel nur noch eine steuerliche Bestimmung anführen. Bei der Bemessung der Vorauszahlungen für Einkommen- und Körperschaftssteuer ist es nicht möglich, für 1998 Verlustvorträge anzurechnen. Was heißt das in der Praxis? Die Steuervorauszahlungen sind erhöht, einmal um 3, einmal um 4 Prozent, mit einem Sonderzuschlag von 5 Prozent, und obwohl bei der Veranlagung 1998 schlußendlich die Verlustvorträge abzugsfähig sind, wird das bei der Bemessung der Vorauszahlung nicht berücksichtigt.

Das heißt, der Finanzminister fordert von der österreichischen Wirtschaft Beträge, die ihm gar nicht zustehen. Der Finanzminister macht sich mit diesem Budget reicher, als er ist, und widerspricht damit den Grundsätzen eines ordentlichen Kaufmanns. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

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