Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 90. Sitzung / Seite 35

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Es gab kaum jemand in der Bevölkerung, der überhaupt wußte, daß das Kontrollinstrument hier von der Mehrheit eingesetzt wird – etwas völlig Unlogisches. (Die Rednerin blickt in Richtung einiger Abgeordneter, die im Kreis um Abg. Dr. Nowotny stehen und miteinander sprechen.) Das Interesse der eigenen Abgeordneten für diese Problematik ist gering, wie man sieht, aber auch das müssen Sie sehen, wie man sich hier verhält.

Wenn man etwas in einer solchen Notwehraktion deutlich zu machen versucht, dann zeigt das meiner Ansicht nach, wie weit man schon ist. Dann zeigt das, daß diejenigen, die hier ihre Aufgabe ernst nehmen, überhaupt keine Mittel mehr haben, um etwas deutlich zu machen. Immerhin waren aus diesem Anlaß heraus dann plötzlich auch die Regierungsfraktionen bereit, Gespräche zu führen, allerdings mit einer anderen Motivation. Ihre Hauptbegründung, die Untersuchungsausschüsse nicht einzusetzen, war darauf gerichtet, daß die Spielregeln nicht in Ordnung sind.

Kollege Maier hat zu Recht in Erinnerung gerufen, was seinerzeit in den Zeitungen nachzulesen war, nämlich daß die Spielregeln, die derzeit für Untersuchungsausschüsse gelten, wirklich nicht adäquat sind. Das ist wahr. Das hat auch von uns niemand bestritten. Ich frage mich nur, warum Sie mit Ihrer Zweidrittelmehrheit die Gespräche darüber nicht schon viel früher aufgenommen haben.

Aber wie auch immer: Die Oppositionsparteien waren bereit, an einer Veränderung der Spielregeln mitzuarbeiten. Aber wir waren dazu nur bereit, wenn das als ein Ganzes gesehen wird. Denn "Spielregeln" heißt nicht nur "Procedere", sondern "Spielregeln" heißt "ab ovo", das heißt "ab der Wurzel": ab jener Wurzel, die dazu dient, diese Spielregeln in Gang zu setzen. Was haben wir denn davon, wenn wir taugliche Spielregeln haben, aber das Ingangsetzen nicht funktioniert?

Dies war eine Voraussetzung, mit der wir uns gemeinsam an einen Tisch gesetzt haben. Das Ergebnis allerdings ist eines, das dieser Voraussetzung nicht im geringsten gerecht wird. Zwar haben die Klubobleute der Fraktionen der Regierungsparteien durchaus gesagt, daß sie bereit sind, auch darüber zu reden – aber sie haben es nur gesagt, und sie haben es nicht getan. Das ist ein weiteres Argument, mit dem sich begründen läßt, warum das Vertrauen zur Politik so erschüttert wird: weil nämlich nicht nur Oppositionsabgeordnete es so erleben und empfinden, sondern dieses Empfinden sich auch nach draußen trägt. Auf dieses Nach-draußen-Tragen möchte ich später noch zurückkommen.

Das Ergebnis liegt auf dem Tisch: Es sind vier Anträge, die jetzt zu behandeln sind – deshalb vier, weil sich die Koalitionsparteien auf einen verstanden haben. Ich möchte jetzt auf unseren Antrag eingehen.

Unser Antrag geht davon aus, daß eine Minderheit dieses Parlaments einen Untersuchungsausschuß einsetzen kann. Wir folgen darin zum Teil einer deutschen Regelung, gehen aber zugegebenermaßen über diese Regelung hinaus. Wir sagen nämlich, daß nicht nur ein Viertel der Abgeordneten in der Lage sein soll, einen solchen Untersuchungsausschuß zu initiieren, sondern es soll die Einsetzung auch möglich sein, wenn sämtliche Abgeordnete zweier Fraktionen einen solchen Antrag stellen. (Abg. Dr. Cap schüttelt den Kopf.) Lieber Josef! Du mußt nicht den Kopf schütteln, denn das hat Sinn. Ich erkläre ihn dir gerne.

Es führt auch zu keinem Systembruch. Das meine ich ganz ernst. Es ist kein Systembruch, auf den hin man sagen könnte: Die richten es sich jetzt wieder! Es gibt auch in anderen Bereichen durchaus unterschiedliche Bezugsgrößen, je nachdem, welche Interessen damit berührt sind. Wir haben zum Beispiel im Zusammenhang mit föderalistischen Interessen – ob das Regelungen im Bundesrat sind oder ob das Regelungen sind, die sich zum Beispiel auf ein Volksbegehren beziehen – einen Bezug nicht nur zur Zahl der Unterstützer, sondern zum Beispiel auch zu einzelnen Ländern hergestellt.

Am Beispiel des Volksbegehrens: Wird ein Volksbegehren von mindestens 100 000 Bürgerinnen und Bürgern unterstützt, dann hat es im Parlament behandelt zu werden, aber genauso gilt das, wenn das Volksbegehren von je einem Sechstel dreier Bundesländer unterstützt wird. Das


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