Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 90. Sitzung / Seite 36

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

heißt, es wird eine weitere Kategorie eingeführt, wenn man das Gefühl hat, daß dies unserem System – in diesem Fall dem föderalistischen – gerecht wird.

Ähnliches läßt sich immer wieder feststellen. Wir stehen in einem Spannungsverhältnis zwischen unserem Listenwahlrecht einerseits und dem freien Mandat andererseits. Tatsache ist, daß wir hier in Fraktionen organisiert sind. Meiner Ansicht nach wäre es gut, dieses Spannungsverhältnis so aufzulösen, daß auf der einen Seite eine bestimmte Zahl – abgestellt auf das Individuum, auf den einzelnen Abgeordneten – vorgesehen wird, die dazu dienen kann, einen Untersuchungsausschuß einzusetzen, aber andererseits diese Zahl auch in Kombination mit den Fraktionen gesetzt werden kann.

Man kann dafür oder dagegen sein. Ich möchte damit jetzt nur ein Argument dafür bringen, daß wir uns seriöse Gedanken gemacht haben, auch aus unserem parlamentarischen Verfassungsverständnis heraus, und daß das jetzt nicht irgend etwas ist, das bloß auf die eigenen Interessen abstellt. Nein, damit soll ein System weiterentwickelt werden. Aus diesem Ansatz zur Systemweiterentwicklung ist dieser Antrag entstanden.

Mir ist klar, daß man selbstverständlich einwenden kann, ein solches Instrumentarium könne von der Opposition mißbraucht und das Parlament mit x Untersuchungsausschüssen lahmgelegt werden. Es sind in diesem Parlament solche Anträge auch schon zahlreich gestellt worden, allerdings immer deswegen, weil die anderen ja nicht beschlossen wurden. Aber wir haben vorgesehen, daß jedenfalls nicht mehr als zwei Untersuchungsausschüsse eingesetzt werden dürfen, weil das sonst wirklich zur Aushöhlung dieses Instrumentariums führen könnte und damit in die falsche Richtung ginge.

Dieser Antrag ist mit einer Begründung versehen, die Ihnen vielleicht nicht gleich als Zitatensammlung erkennbar ist. Der erste Satz ist ein Zitat des seinerzeitigen Klubobmannes Fischer, der aus seiner Oppositionsrolle heraus die Sinnhaftigkeit des Mehrheitsrechtes im Zusammenhang mit den Untersuchungsausschüssen relevierte. Den zweiten Bereich bildet ein Zitat des jetzigen Präsidenten Neisser, der in diesem Zusammenhang davon sprach – auch dies damals aus der Oppositionsrolle der ÖVP, das muß man in Betracht ziehen –, daß die derzeitige Regelung dem Auftrag des Parlaments nicht gerecht werden kann. Wir haben daher angenommen, daß damit vielleicht ein bißchen eine Brücke zu früheren Gedanken geschaffen werden könnte.

Jetzt will ich nicht unfair sein. Das Fischer-Zitat stammt aus dem Jahr 1969, das Neisser-Zitat aus dem Jahr 1986. Wenn man fair ist, muß man zugeben, daß sich die Rahmenbedingungen selbstverständlich geändert haben und man daher im Zuge einer bestimmten Entwicklung auch die Instrumente vielleicht anders konstruieren würde. Aber der Kern darin ist, daß das Parlament nicht nur als Gesamtheit seinen Auftrag als Kontrollorgan wahrnehmen kann, sondern daß das selbstverständlich auch ein Recht sein muß, das sich aufschlüsseln läßt. Dieser Kern – besonders stark eben dann empfunden, wenn man in Opposition ist – ist bis heute eins zu eins übertragbar. Deswegen haben wir daran erinnert, weil er bis heute eins zu eins gültig ist.

Da es jetzt um den Grund dafür geht, daß wir diese Spielregeln, an denen wir mitgearbeitet haben, nicht mitbeschließen, sondern dagegen stimmen werden, will ich Ihnen die Begründung geben. Es ist dies nicht Dickköpfigkeit, etwa so, daß man sagen würde: Ihr habt das zu tun, was wir wollen, sonst stimmen wir nicht zu! Eine solche simple Verhaltensweise einer Oppositionspartei haben wir bisher noch nie an den Tag gelegt, und ich bitte, uns das auch nicht zu unterstellen.

Vielmehr muß man in diesem Zusammenhang darauf achten, daß ein Minderheitsrecht selbstverständlich auch andere Spielregeln hervorrufen und notwendig machen würde. Denn zu Recht wurde gesagt, als die Diskussion in diesem Jahr wieder auflebte: Was tun wir, wenn ein Untersuchungsausschuß von einer Minderheit erzwungen wird? – Dann kann man sich ja nicht einmal auf den Ausschußvorsitzenden, die Tagesordnung und die Zeugenliste einigen.

Freilich ist es wahr, daß die Einsetzung allein die Sache noch nicht regelt und daß man daher selbstverständlich auch bei den Spielregeln Minderheitsrechte vorsehen muß. Genau diese


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite