Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 90. Sitzung / Seite 70

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14.03

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Grünen lehnen beide Regierungsvorlagen, die jetzt hier zur Debatte stehen, ab, sowohl die EStG-Novelle als auch die Umsatzsteuergesetznovelle.

Zur EStG-Novelle möchte ich nur soviel sagen: De facto handelt es sich dabei um einen Zwangskredit der Steuerbürger an den Staat. Der Staat nimmt einen Zwangskredit bei seinen Bürgern auf. Wenn man das schon machen will – abgesehen davon, daß das ein Ausdruck der Hilfslosigkeit der gegenwärtigen Steuerpolitik ist –, dann sehe ich nicht ein, warum nur jene Leute diesen Steuerkredit geben sollen, die gegenwärtig von den Freibetragsbescheiden profitieren würden. Diese Personen gehören – darauf hat schon mein Vorredner Böhacker hingewiesen – natürlich den unteren und mittleren Einkommenskategorien an. Den anderen sind die Sonderausgaben ja ohnehin schon gestrichen worden. Also wenn schon, dann bitte für alle. Aber das trauen Sie sich natürlich nicht. Abgesehen davon führt das zu einer Verkomplizierung des Steuerrechts, das dann dem Kollegen Böhacker noch verständlich ist, aber einem Laien wie mir nur noch schwer. (Abg. Böhacker: Keine falsche Bescheidenheit!)

Das Umsatzsteuergesetz lehnen wir erst recht ab. Aber wir tun das nicht deswegen, weil ich Raucher bin, sonst müßte der Rest des Klubs diese Umsatzsteuergesetznovelle ja akzeptieren, sondern weil es sich dabei schlicht um eine Steuererhöhung zu Lasten einer ganz bestimmten Gruppe von Bürgern handelt.

In der Regierungsvorlage steht beschönigend, es ginge dabei um eine Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen. In Wahrheit geht es dabei – Herr Kollege Stummvoll, das hat Ihr Kollege Lukesch als Berichterstatter im Ausschuß viel zutreffender geschildert – um die Verhinderung von Kaufkraftabflüssen und um die Erhöhung von Steuereinnahmen. – Wörtliches Zitat. (Abg. Dr. Stummvoll: Sicher! Das ist ja nichts Schlechtes!)

Darum geht es, um gar nichts anderes! Zusätzlich sollen dadurch 4 Milliarden Schilling hereinkommen, sagt der Finanzminister. Ich bezweifle zwar, daß es wirklich 4 Milliarden Schilling sein werden. Aber es ist ja egal, ob es 2, 3 oder 4 Milliarden Schilling sein würden, die sich da aus Tabaksteuer, Mineralölsteuer, Umsatzsteuer und so weiter zusammensetzen würden, Tatsache ist, daß diese 4 Milliarden Schilling irgend jemand zahlen muß.

Ich höre immer nur von den Sorgen der Trafikanten und der Tankstellenbesitzer. Es ist schon wahr, daß wir ein Randzonenproblem haben, daß wir ein Problem der grenznahen Gebiete haben. Aber besteht die Bevölkerung dort plötzlich nur noch aus Trafikanten und Tankstellenbesitzern? – Das ist mir völlig neu. Dort wohnen doch anständige Leute, mit einem, wie ich annehme, in der Regel geringen verfügbaren Einkommen, wofür auch die Regierung nicht ganz unverantwortlich ist, und diese haben versucht, ihr geringes Realeinkommen aufzubessern, indem sie hin und wieder über die Grenze gefahren sind und dort diese zugegebenermaßen scheußlichen Zigaretten gekauft und vielleicht sogar getankt haben, was ja heutzutage offenbar überhaupt ein sozialschädliches Verhalten ist. (Abg. Tichy-Schreder: Es sind nicht nur Leute mit geringem Einkommen!)

Nein, es werden schon auch ein paar schwerreiche Millionäre dabeigewesen sein, die in ihrer Freizeit nichts anderes zu tun hatten, als über die Grenze zu fahren und dort vielleicht noch nach einem Duty-free-Shop zu suchen, um 100 S zu sparen! (Heiterkeit.) Es mag sein, daß es solche perversen Mitbürger gibt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner. ) Aber Ihnen, Herr Kollege Haselsteiner, traue ich das eher nicht zu. Ich traue Ihnen nicht zu, daß Sie das regelmäßig machen, vielleicht ausnahmsweise in einer Minute geistiger Abwesenheit. (Allgemeine Heiterkeit. – Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner. ) Gut.

Ich will damit nur sagen: Wie bei jeder Steuererhöhung muß diese jemand tragen. Es geht da um Realeinkommenseffekte. Es wird der Bevölkerung, die dieses anscheinend sozialschädliche Verhalten – ich sage, sehr vernünftige Verhalten, denn man versucht, die Konsumausgaben zu reduzieren und dadurch das Realeinkommen zu erhöhen – an den Tag legt, der Bevölkerung, die das bis jetzt gemacht hat, wieder ein Hahn zugedreht. Ich finde das nicht richtig.


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