Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 90. Sitzung / Seite 104

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sodaß es nur recht und billig ist, wenn man für zugesicherte Beträge Wertanpassungen vornimmt – auch wenn das nicht zur Gänze geschieht, ist es immerhin etwas. Wir sind froh darüber, daß man hiebei den Handlungsbedarf erkannt hat und eine Valorisierung vornimmt, und werden dem zustimmen.

Wir geben daher in diesem Sinne dem Gesetz unsere Zustimmung, wollen darüber hinaus aber folgendes beachtet wissen: Hier wurde bereits relativiert, daß nur 47 000 Antragsteller tatsächlich Anträge stellten, obwohl man mit 90 000 gerechnet hatte. Wahrscheinlich gäbe es noch viel mehr potentielle Antragsteller, aber 90 000 mag schon die Zahl der tatsächlich noch eruierbaren Betroffenen gewesen sein. Warum aber, muß man sich fragen, hat es letztlich nur 47 000 Antragsteller gegeben?

Es besteht immer wieder das Problem der Kundmachung eines Gesetzes. In diesem Fall betrifft es offensichtlich eine Bevölkerungsgruppe, in der weite Kreise gar nichts über diese Gesetzesbestimmung wußten. Lassen Sie mich aus einem Brief zitieren, der mir neben vielen anderen zugegangen ist. Ich könnte da eine ganze Reihe von Briefen zitieren; jeder, der Interesse hat, kann den Brief in Abschrift von mir haben. Es geht um den symptomatischen Fall einer Dame, die heute 75 Jahre alt ist. Sie schreibt mir folgendes:

"Ich erlaube mir, Sie, sehr geehrter Herr Doktor, ganz herzlich zu bitten, indem Sie meine beigefügten Unterlagen durchlesen, bitte, bitte." – Allein schon die Wortwahl zeigt, wie verzweifelt diese Leute sind. Die Dame schreibt weiter: "Aus diesen Unterlagen ist ersichtlich, daß ich Sudetendeutsche bin, beziehungsweise habe ich meinen Mann aus Innsbruck 1942 geheiratet, wurde 1945 als Österreicherin mit zwei kleinen Kindern, eineinhalb Jahre und zehn Monate alt, im Viehwagen evakuiert. Wir waren von 1. Oktober bis 16. Oktober 1945 unterwegs. – Jetzt bitte zu meinem Problem: Ich habe ein kleines Sparbuch. Ich hatte mich an das Bundesministerium" – meine Anmerkung: für Finanzen – "gewandt. Immer wieder versuchte ich, beim Bundesfinanzministerium bezüglich meines Sparbuches etwas in Erfahrung zu bringen. Ich erhielt ein Schreiben mit dem Hinweis, daß noch nichts bekannt ist. Sobald etwas bekannt ist, wird mich das Bundesministerium für Finanzen verständigen. Im Herbst wurde ich durch Bekannte aufmerksam gemacht, daß schon Auszahlungen durchgeführt wurden." – Herbst 1995, bitte!

Es heißt weiter: "Nun schrieb ich wieder nach Wien und erkundigte mich telefonisch bei Herrn ..." – Den Namen lasse ich weg. – "Aufgrund dessen wurde ich aufmerksam gemacht, sämtliche Unterlagen einzusenden. Nach längerer Zeit erhielt ich abschlägig die Unterlagen zurück mit dem Hinweis, es ist verfallen. Heute bin ich 75 Jahre alt und Witwe, habe Muskelrheuma, meine Wohnung ist ein Altbau. Alles mußte man erarbeiten, Fußböden, Lichtleitungen, Türen und so weiter, nur leider zu einer Dusche habe ich es nicht gebracht, welche mir gesundheitlich dienen würde. So könnte ich das Geld gut gebrauchen." – Soweit dieser Brief.

Bei dem Geldbetrag handelt es sich, umgerechnet nach Verrechnungseinheiten, um sage und schreibe 8 000 S! Ich habe mir die Unterlagen angesehen, den Fall recherchiert, der nur als Beispiel für viele andere steht, und bin zu folgendem Ergebnis gekommen. Die Geschäftszahlen habe ich bei mir: Bereits im Jahr 1957 – damals war dieses Gesetz noch gar nicht existent – stellte die Dame diesbezüglich beim Ministerium einen Antrag. Damals wurde ihr mitgeteilt, daß es noch keine gesetzliche Grundlage gebe, diese aber in Arbeit sei und ihre Sache in Evidenz gehalten werde. Sowie etwas Neues hervorkomme, werde man sie verständigen.

In weiterer Folge – ich kürze die Darstellung ab – gab es eine elendslange Korrespondenz mit dem Ministerium und der Finanzlandesdirektion, bis man ihr schlußendlich sagte, sie müsse den gesamten Antrag noch einmal stellen. Das hat sie getan, und am 4. Mai 1993 wurde dieser Antrag ans Ministerium weitergeleitet, wo er am 16. Juli einlangte. Im Ministerium hat die Kommission schließlich entschieden, daß der Antrag zurückgewiesen wird, weil die Frist verfallen ist. Der Antrag wurde zu spät gestellt.

Was ist dieser Dame passiert? – Sie suchte schon an, bevor es das Gesetz gab, wußte später nicht, daß die Frist lief, obwohl sie sich immer wieder mit der Behörde ins Einvernehmen


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