Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 90. Sitzung / Seite 108

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16.57

Abgeordnete Ute Apfelbeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Staat ist Anwalt der Bürger und sollte diese bestmöglich vertreten. Daß das nicht immer der Fall ist, werde ich Ihnen anhand von Beispielen aufzeigen.

Aufgrund des völkerrechtlichen Vertrages mit der DDR sind an Österreich 136,4 Millionen Schilling geflossen. Ein einziges Grundstück in Deutschland, das in der DDR lag, von dieser auch in Verwaltung genommen wurde und dessen Anspruchsberechtigter österreichischer Staatsbürger war, erbrachte beim Verkauf an eine Bank nachweislich einen Erlös von 150 Millionen Schilling. Mit einem einzigen Grundstücksverkauf hat die Bundesrepublik Deutschland mehr erhalten, als sie jemals Ersatz an Österreich geleistet hat.

Meine Damen und Herren! Der österreichische Eigentümer, dessen Eigentum im Grundbuch bis zum Jahre 1988 bestand, wurde mit einem Bruchteil abgegolten. Denn zur Berechnung des Vermögensverlustes wurde der damalige Einheitswert der Liegenschaft herangezogen, mit 3,75 multipliziert – das sollte die Wertsteigerung sein – und schließlich mit 7 multipliziert, weil eine D-Mark 7 S wert ist. So wird der Vermögensverlust errechnet. Pech für den Österreicher: Wäre er Angehöriger einer anderen Nation, zum Beispiel Schweizer, so würde er sein Vermögen wiederbekommen oder den tatsächlichen Verkaufserlös zurückerhalten.

Meine Damen und Herren! Da hat die Bundesregierung versagt. Und sie hat es auch verabsäumt, Nachverhandlungen zu tätigen. Es ist Pech für den Österreicher beziehungsweise für den Anspruchsberechtigten, daß die Bundesregierung im August 1987 diesen Entschädigungsvertrag abgeschlossen hat, denn durch dieses Abkommen sind alle Ansprüche abgegolten worden.

Beispiel Nummer zwei: Grundvermögen in der DDR, Grundstücke im Wert von 173 240 mal 3,75 Wertsteigerung mal 7 S ergibt einen Betrag von 4,547 550 Millionen Schilling an Entschädigung. Es liegen jedoch verbindliche Anbote für diese Liegenschaften vor: Diese belaufen sich auf 200 Millionen Schilling!

Meine Damen und Herren! Kein einziger Schilling wurde an den früheren Eigentümer beziehungsweise den Anspruchsberechtigten von Österreich je ausbezahlt! Trotzdem besteht kein Anspruch auf Entschädigung aus der Bundesrepublik Deutschland, weil das Bundesministerium für Finanzen – also Ihre Stelle, Herr Bundesminister! –, obwohl kein einziger Schilling jemals ausbezahlt wurde, auf eine Anfrage des Amtes für Regelung offener Vermögensfragen in Berlin folgendes schreibt – ich zitiere diesen Brief –:

"Bundesministerium für Finanzen. An das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen. Unter Bezugnahme auf die Anfrage vom 12. Jänner 1996 teilt das Bundesministerium für Finanzen der Republik Österreich mit, daß" – den Namen der Personen lasse ich aus – "für den Verlust eines Drittel-Anteiles an der oben genannten Liegenschaft von der Bundesverteilungskommission Entschädigungsleistungen zuerkannt erhalten hat, da die Liegenschaft von den Bestimmungen des zwischen der ehemaligen DDR und der Republik Österreich am 21. 8. 1987 abgeschlossenen Vermögensvertrages erfaßt wird. Ebenso sind die beiden anderen österreichischen Miteigentümer entschädigt worden. 26. Jänner 1996. Für den Bundesminister: Mag. Jantschek."

Meine Damen und Herren! Das ist die Unwahrheit! Entschädigt kann man nur werden, wenn man etwas bekommt. Das ist in diesem Fall jedoch nicht geschehen. In Anbetracht dessen frage ich: Wie kann ein Staatsbürger sich davor schützen, daß ein Ministerium falsche Dinge weitergibt? Es stellt sich meiner Ansicht nach schon die Frage: Wer ersetzt einem diesen Schaden? – Der Beamte, der diesen unwahren Brief für den Bundesminister unterfertigt und nach Deutschland geschickt hat, aufgrund dessen der Anspruch von der Bundesrepublik Deutschland abgelehnt wurde, weil ja laut Schreiben des Ministeriums schon entschädigt worden ist? – Darf ich Ihnen, Herr Bundesminister, die entsprechende Kontonummern bekanntgeben, auf welche dann die Schadenssumme überwiesen werden kann?

Solche Beispiele lassen sich viele nennen. Es geht aber auch umgekehrt: Wenn zum Beispiel die Gewerkschaft eine Liegenschaft in Berlin-Mitte kauft, dann kauft sie diese natürlich zu einem weit günstigeren Preis. Im gegenständlichen Fall liegen verbindliche Anbote in der Höhe von


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