Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 93. Sitzung / Seite 47

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Ich denke, wir sollten die ideologischen Fragen einmal ansprechen, die Frage eben, ob und inwieweit Kinder Privatsache sind, ob und inwieweit es öffentliche Anliegen gibt, und man soll da nicht so einen Pallawatsch der Ideologien fortschreiben.

Ich meine, daß die Frage, ob jemand Kinder hat oder nicht, die Entscheidung für oder gegen Familie, die Entscheidung, als Single zu leben oder in verschiedenen Formen von Lebensgemeinschaften, eine absolute und reine Privatsache ist und sein muß. Ich glaube auch, daß aus dieser privaten Entscheidung keinerlei steuerliche Diskriminierungen abgeleitet werden dürfen – nicht für Kinderlose, nicht für Menschen, die sich freiwillig oder unfreiwillig nicht in einem Familienverband befinden.

Aber eines wird überhaupt nicht richtig wahrgenommen – ich meine, daß das auch in den Redebeiträgen des Liberalen Forums zuwenig zum Ausdruck gekommen ist –: Es gibt in meinen Augen sehr wohl ein öffentliches Anliegen der Chancengleichheit, ein öffentliches Anliegen, daß allen Kindern, allen jungen Menschen ein freier Zugang zur Bildung offenstehen soll, daß soziales Lernen und Leben möglich sein müssen. Und da Sie, Frau Dr. Mertel, und Sie, Herr Abgeordneter Morak, gesagt haben, wie wichtig es ist, in die Ausbildung zu investieren, frage ich Sie wirklich, wer denn all diese Leistungen gekürzt hat. War das mit den oder gegen die Stimmen der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten?

Sie, Herr Abgeordneter Morak, haben überdies gesagt, die Ausführungen des grünen Sozialsprechers Öllinger seien alle falsch gewesen, daher frage ich Sie in aller Form: Wer hat denn die Kürzungen für die Studierenden, für die Frauen durchgeführt? War denn das nicht auch mit Ihrer Stimme und mit den Stimmen der ÖVP so beschlossen, die Sie heute hier die Familie beschwören?

Ich habe vorhin von diesen verbrämten Ideologien gesprochen, in denen die private Entscheidung für oder gegen Kinder, die private Entscheidung für oder gegen Familie, gegen Lebensgemeinschaft vermischt wird mit der Frage des öffentlichen Anliegens der Chancengleichheit aller Menschen. Daher frage ich Sie, was von so einem Flugblatt zu halten ist, wie es von der ÖVP vor dem Haus zur Verteilung gebracht wird, wenn darin steht: Geben Sie der Jugend eine Chance! und daraus die Forderung abgeleitet wird: Entlasten Sie die Eltern!

Mit der ersten Forderung kann ich sehr wohl konform gehen. Ja, geben Sie der Jugend mehr Chancen! Geben Sie der Jugend viel mehr Chancen! Werden Sie endlich auch einmal dem Anspruch unseres Bürgerlichen Gesetzbuches gerecht, daß jede Person Person im Rechtssinn ist, eigene Ansprüche, eigene Bedürfnisse hat und nicht abgeleitete!

Aber eines sage ich Ihnen von der ÖVP: Sie werden der Familie ... (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Bartenstein. ) Ich glaube, genau da, Herr Bundesminister, sollten wir ansetzen. Sie wollen in Wahrheit Elitenförderung. Sie wollen in Wahrheit reiche Väter entlasten. Wenn Sie wollen, daß die Jugend eine Chance hat, dann lassen Sie doch tatsächlich die Hände weg von der freien Bildung, dann lassen Sie die Hände weg von der Freifahrt für Studierende, dann lassen Sie die Hände weg von den Schulbüchern! Investieren Sie in Kinder und Jugendliche, anstatt einmal mehr über ein Hintertürl in die Steuertöpfe zu greifen, um die reichen Väter zu entlasten! Um nichts anderes geht es Ihnen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Was soll das mit den reichen Vätern?)

11.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung verweise ich auf die gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


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