Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 94. Sitzung / Seite 113

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Herr Kollege Böhacker! Es geht uns um die Neugestaltung der Familienförderung, und Familien bestehen nun einmal aus Kindern. Das ist für mich der Anlaß – ich möchte da an die Aussage des Kollegen Öllinger anschließen –, klar und sachlich darauf hinzuweisen, daß im Mittelpunkt all unserer Überlegungen zum Thema Familienförderung einzig und allein das Wohl des einzelnen Kindes steht. Es muß uns allen darum gehen, Strukturen zu schaffen, die es den Kindern ermöglichen, in einem Umfeld aufzuwachsen, in dem jedes Kind möglichst viele Chancen zur Entfaltung seiner Persönlichkeit vorfindet. Das heißt, es muß vor allem um die Gestaltung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen gehen, und es kann nicht darum gehen, sich in die Gestaltung des Lebens einzelner einzumischen.

Meine Damen und Herren! Die Familie hat heute viele Formen und Normen. Es ist nicht so, wie es sich die Damen und Herren von der ÖVP wünschen und so gerne hätten, nämlich daß die Familie nach ihrem Bild gelebt wird. (Abg. Scheibner: Wie ist denn eine Familie?) Es muß – ich habe es gestern schon gesagt – jedem selbst überlassen bleiben, wie sie oder er die Form des Zusammenlebens für sich bestimmt. Entscheidend ist aber für uns, daß wir darauf achten, daß alle Kinder, egal, wie ihre Eltern sich miteinander arrangieren, bestimmte Voraussetzungen erhalten.

Es ist jedenfalls eine Tatsache, daß gerade Kinder in steigendem Maße armutsgefährdet sind. So sind 21 Prozent aller Kinder in Österreich von Armut bedroht, hingegen "nur" – unter Anführungszeichen – 9 Prozent der Erwachsenen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wie ist das in den homosexuellen Familien?) Das, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, und auch bei Ihnen, Frau Kollegin Partik-Pablé (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was ist bei mir? – Abg. Dr. Khol: Was ist bei der Frau Dr. Partik-Pablé?), ist nicht zuletzt auf die von Ihnen verordneten Sparmaßnahmen zurückzuführen, denn Kürzungen des Karenzgeldes, des Arbeitslosengeldes, Kürzungen im Bildungsbereich, um nur einige zu nennen, sind nur kurzfristige Geldbeschaffungsaktionen, die wiederum nicht Kinder von reichen Eltern treffen, sondern ganz bestimmt Kinder aus armen Familien, und diese haben das Geld weiterhin bitter notwendig. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was ist bei mir? – Zwischenruf des Abg. Scheibner. )

Bitte, laß mich jetzt ausreden, Helene, du hast mich ganz genau verstanden. Auch diese Eltern haben das Recht, Familie zu leben, wie du es mir soeben vorwerfen wolltest. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Scheibner: Welche Eltern?)

Meine Damen und Herren! Das belegt auch der Umstand, daß Kinder alleinerziehender Mütter und Väter dreimal mehr von der Armut bedroht sind als Kinder aus einer Mutter/Vater/Kind-Familie. Wir wissen auch, daß Arbeitslosigkeit das Armutsrisiko um das Fünffache erhöht. Wenn wir also hier über Förderung der Familien sprechen, müssen wir uns auch mit dem Gedanken beschäftigen, wie wir eine effiziente Beschäftigungspolitik machen können, und da gehe ich konform mit den Aussagen meiner Klubchefin Dr. Schmidt. Laut Studie von Hans Steiner und Walter Wolf, "Armutsgefährdung in Österreich", sind in Österreich – und das ist eine Zahl, die man auf der Zunge zergehen lassen muß – 270 000 Kinder armutsgefährdet, und davon kommen 50 Prozent aus Arbeiterfamilien, denen eine genaue Umsetzung (Abg. Dr. Khol: Denen Sie die 17 Milliarden wegnehmen wollen!)   also bitte schön! – des Urteils des Verfassungsgerichtshofes nichts bringen würde. (Abg. Dr. Khol: 17 Milliarden! – Abg. Dr. Petrovic, in Richtung des Abg. Dr. Khol: Wer hat das zweite Karenzjahr halbiert?) Daß die steuerliche Absetzbarkeit der Unterhaltskosten hauptsächlich den Besserverdienenden zugute kommen würde, müßten Sie, so meine ich, schön langsam begreifen, sofern Sie es begreifen wollten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es muß – ich wiederhole es noch einmal – um das Kind gehen und nicht darum, wie Sie, Herr Klubobmann Khol, familienpolitische Vorstellungen verwirklicht haben wollen!

Meine Damen und Herren! Das Modell des Liberalen Forums, das für jedes Kind ein Grundeinkommen vorsieht, welches von verschiedenen Faktoren abhängig ist, stellt ein brauchbares Konzept dar. Außerdem trägt es dem im UNO-Übereinkommen über die Rechte des Kindes verankerten Status von Kindern als Rechtssubjekt voll Rechnung. Ich glaube, auch das sollte


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