Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 120

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den Sie mir zugestehen, Frau Abgeordnete – sehr tief angelegt, was die Grundrechte anlangt. Da wollte man sehr vieles unterlaufen.

Mittlerweile ist in Leoben, interessanterweise von einem Funktionär der AUF, ein illegaler Lauschangriff gemacht worden. Dieser ist zwar nicht gelungen, aber immerhin gemacht worden. Im "Grauen Haus" sind Gespräche von Verteidigern mit ihren Mandanten abgehört worden – und das war schon im Juli, wo es noch gar keine gesetzliche Grundlage dafür gegeben hat. Man hat dann gesagt, das sei auf richterliche Anordnung passiert. Da haben wir von seiten der Liberalen vermißt, daß der Herr Justizminister einen vehementen Aufschrei gemacht und konsequenter durchgegriffen hat. Wir haben den Eindruck, daß diese Sache nicht wirklich weiter verfolgt wird. Das ist etwas, Herr Bundesminister, was wir von Ihrer Seite her vermissen. Wir meinen, daß ein parteiunabhängiger Justizminister, der Sie unbestritten sind, diesen Spielraum auch ausnützen muß, denn Sie haben die Chance, weil Sie keiner der beiden Regierungsparteien unmittelbar angehören, hier eine Sonderstellung einzunehmen und wirklich das voranzutreiben, was im Rahmen des Justizressorts immer notwendiger wird. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Was zum Beispiel notwendiger wird, meine Damen und Herren, ist, sicherzustellen, daß Leute, die in Verfahren freigesprochen werden, nicht als jene gelten, die man nur gerade nicht erwischt hat und freisprechen mußte. Da wird etwa nach dem Freispruch von Herrn Lingens oft gesagt: Macht nichts, machen wir zur Wahrung des Gesetzes eine Nichtigkeitsbeschwerde, und probieren wir es noch einmal! Dann gibt es ein zweites Verfahren, und dann gibt es wieder einen Freispruch. Dann sagt man: Wir haben schon wieder einen Fehler gemacht, aber macht nichts, probieren wir es noch einmal!

Man bekommt den Eindruck, die Leute werden mit Verfahren, interessanterweise mit rechtsstaatlichen Verfahren, trotz Freispruchs jedenfalls finanziell gehetzt, denn die Kosten, die sie für ihre Verteidigung aufwenden müssen, bekommen sie von niemandem ersetzt. Man hat den Eindruck, es steht der Gedanke dahinter: Wenn wir sie schon nicht einsperren können, dann werden wir sie wenigstens finanziell ruinieren. – Auch hier, Herr Bundesminister, wäre es angemessen, von Ihrem Weisungsrecht Gebrauch zu machen und zu sagen: Moment, wer freigesprochen ist, ist nicht ein Gauner, den man halt nicht erwischt hat, sondern er könnte auch unschuldig sein! Auch an das sollte in diesem Staate noch gedacht werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir waren aber sehr froh darüber, daß es im Rahmen der letzten Fragestunde von Ihrer Seite eine sehr klare Äußerung gegeben hat in bezug auf die Arbeitsgruppe betreffend Sexualstrafrecht. Diesbezüglich meinen wir, daß es sinnvoll ist, die Selbstbestimmung der Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Wir sind überzeugt davon, daß das der wesentliche Punkt ist.

Meine Damen und Herren! Wir meinen, wenn in diesem Lande – Herr Abgeordneter Posch, ich meine, auch die Kärntner Abgeordneten haben ein Interesse daran, daß auch in Kärnten eine offene Gesellschaft Platz greift – eine offene Gesellschaft verwirklicht werden soll, dann muß auch darauf Rücksicht genommen werden, daß die Selbstbestimmung der Menschen etwas ist, was in einer offenen Gesellschaft unverzichtbar ist. Das ist es wert, über den grundsätzlichen Ansatz unseres gesamten Sexualstrafrechtes nachzudenken. Es ist es wert, wenn die Europäische Kommission für Menschenrechte eine Entscheidung trifft, die erwarten läßt, daß die zutiefst ungerechten Grenzen im Bereich der sexuellen Selbstbestimmung, wenn es etwa um gleichgeschlechtliche Gemeinschaften und Verbindungen geht, abgeschafft werden, und es ist richtig, daß da seitens des Herrn Bundesministers ein Vorstoß gemacht wird und Lösungsmodelle angeboten werden, über die dieses Haus dann beraten kann, weil sie fachlich gut vorbereitet sind.

All das, meine Damen und Herren, muß möglich sein, ist eine Voraussetzung für eine offene Gesellschaft, und das ist es, was wir seitens des Liberalen Forums haben wollen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir wehren uns dagegen, daß es da von einer Regierungspartei her Arbeitsverweigerung gibt, daß es verbale Rundumschläge gibt, daß man sich auf der einen Seite einfach von der Arbeit


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