Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 20

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Für Sie in Ihrer Situation und Position ist das natürlich praktisch, der Koalitionspartner arbeitet Ihnen elegant zu. Wir stellen, um es noch einmal auf den Punkt zu bringen, fest: Sie berufen sich auf den Optionenbericht und verhindern dadurch jede demokratische Debatte in der Öffentlichkeit, im Haus und in den Ausschüssen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Wann hat – um noch einmal eine Rückschau zu machen – unserer Meinung nach die Aufweichung des Staatsvertrages, speziell der neutralen Position, nun begonnen? – Sie begann eigentlich im Jahr 1990 mit der Obsoleterklärung eines sehr wichtigen Teiles des Staatsvertrages, den man nicht unterschätzen soll, nämlich jenes, in dem es um die Stationierung von atomaren Waffen geht.

Die Obsoleterklärung, durch die dieser Teil für nicht mehr gültig erklärt und durch einen anderen, der "windelweich" ist und alle Hintertüren und eben alle Optionen für Ihren Bericht offenläßt, ersetzt wurde, bezieht sich zwar darauf, daß Österreich keine derartigen Waffen mehr herstellen, besitzen oder verwenden wird, läßt aber die Frage, ob andere Länder, Staaten und Militäreinheiten, die solche Waffen besitzen, diese in Österreich stationieren und von Österreich aus verwenden können, völlig offen.

Die Entscheidung über diese Obsoleterklärung war der Beginn einer ganzen Reihe von Maßnahmen in diese Richtung, mit denen Sie immer wieder kunstreich zu erklären versuchen, daß das alles noch mit dem Staatsvertrag und der Neutralität im Zusammenhang stehe, aber längst nicht mehr so sei und auch längst nicht mehr geschehen sei. Wir haben Ihnen das bereits öfter vorgehalten und können es immer wieder tun, begonnen mit dem Transport von für den Golfkrieg bestimmten US-Panzern durch Österreich über die "Partnerschaft für den Frieden", die im übrigen noch immer nicht dem Parlament zur Kenntnis gebracht worden ist, über ein Truppenstatut, das zwar nun endlich im Ministerrat behandelt wurde, aber noch immer nicht dem Parlament zur Kenntnis gebracht worden ist, bis hin zu einem Entsendegesetz, das zu Anfang dieses Jahres beschlossen worden und in dem die Frage von Interventionstruppen, der Beteiligung Österreichs an solchen Truppen sowie der Stationierung solcher Truppen in Österreich endgültig festgelegt ist.

Mit all diesen Schritten glauben Sie der Frage des Volksentscheides ausweichen und die Bevölkerung davon überzeugen zu können, daß die Entscheidungen erst nach der nächsten Nationalratswahl fallen würden. Ich kann nur wiederholen – und wir werden alle unsere sicher bescheidenen Möglichkeiten, Mittel und Kräfte daraufhin konzentrieren –: Eine Volksentscheidung darüber muß jetzt getroffen werden! Das scheint uns auch aufgrund der Erfahrung mit vergangenen Entscheidungen beziehungsweise Nichtentscheidungen notwendig zu sein, da Sie in der Zwischenzeit alle entsprechenden Schritte längst gesetzt haben und Österreich, uns, seine Bürgerinnen und Bürger, die dann möglicherweise irgendwann entscheiden könnten, vor vollendete Tatsachen stellen werden. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Jung. )

Herr Außenminister! Es ist an der Außenpolitik weiters auffallend, daß Sie in dieser Frage seit Ihrem Amsterdamer Frühstück auf Tauchstation gegangen sind. Sie äußern sich überhaupt nicht mehr zur Frage der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik oder der Optionen für eine österreichische Position in dieser Sicherheitspolitik! Das paßt fugenlos in das von Mal zu Mal verstärkte Bild einer Außenpolitik, die seit Ihrem Amtsantritt nicht mehr existent ist, sondern sich unter dem Mantel der Europäischen Union verkriecht und versteckt und sich an das große Nachbarland Deutschland anhängt.

Wann immer sich eine Gelegenheit bietet, etwa bei bilateralen Kontakten, wie erst vor kurzem anläßlich des Besuches des türkischen Staatspräsidenten, verweisen Sie darauf, daß wir erst sehen werden, was die EU machen wird. Wir werden uns zwar stark machen, aber eigene Positionen gibt es keine, statt dessen immer nur den Verweis auf unsere Mitgliedschaft bei der Europäischen Union.

Es steht in keinem der Verträge der Europäischen Union geschrieben, daß Sie mit der Mitgliedschaft in der Europäischen Union Ihre eigenständige Position in der Außenpolitik aufgeben


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