Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 98. Sitzung / Seite 21

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Man muß zugeben: Der sozialdemokratische Ansatz der siebziger Jahre hatte ja Erfolge. Nur: Man will sich daran nicht mehr erinnern! Man hört aber von Ihnen immer wieder, wie bei einer Gebetsmühle, das Gegenteil, um einmal mehr die Universitäten in die Defensive zu zwingen. Der offene Hochschulzugang hatte Erfolg. Es haben die unteren sozialen Schichten ganz überproportional davon profitiert. Wenn man sich das unterste Einkommenszehntel anschaut, dann kann man feststellen, daß sich die Zahl der Studierenden, die aus dieser Bevölkerungsgruppe kommen, zwischen 1983 und 1991 mehr als verdoppelt hat. Wenn man das unterste Viertel hernimmt – das ist eine etwas breitere Gruppe –, kann man feststellen, daß dort fast eine Verdoppelung der Zahl der Studierenden eingetreten ist. Auch der Frauenanteil an den Universitäten hat sich überaus erfreulich entwickelt. So beträgt der Frauenanteil bei den Studienanfängerinnen an den Universitäten 53 Prozent. Daß die Zahlen der Absolventinnen und dann die weitere universitäre Karriere der Frauen noch nicht so erfreulich sind, ist in meinen Augen erstens eine Frage der Zeit und zweitens auch eine Frage der Begleitmaßnahmen, wie zum Beispiel Kinderbetreuung, aktive Frauenförderung und so weiter.

Aber man will diese Politik nicht mehr betreiben, jetzt macht man zu. (Abg. Dr. Niederwieser verneint.) Sie brauchen den Kopf nicht zu schütteln, Herr Abgeordneter Niederwieser, es ist so! – Wenn ich dann von einem sozialdemokratischen Wissenschaftsminister höre, wir brauchen mehr berufsorientierte Studien ohne wissenschaftlichen Anspruch, dann muß ich sagen: Bravo, Herr Kollege Lukesch, Sie haben sich durchgesetzt! Die ÖVP wollte immer ein Konzept in Richtung Verdünnung (Abg. Dr. Lukesch: Das ist falsch!) , Elitenbildung, teure und enge Spitzenausbildungen, und für die Masse soll es Buchhalterkurse und ein wenig Technisches geben, die Masse soll ein bißchen Grundbuchsrecht und ähnliches lernen. Wozu braucht denn die Masse etwas Wissenschaftliches? Wozu braucht denn die Masse etwas Universitäres? Wozu denn ein paar philosophische Überlegungen in den Naturwissenschaften? Das braucht die Masse nicht!

Wozu braucht man denn das? Etwas Handfestes braucht man, etwas, was man täglich umsetzt – und bloß nicht viel in die Ferne schweifen. Die Leute an den Universitäten könnten ja politisch werden! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Lukesch: Ich habe das UOG nicht gemacht!)

Sie sagen: Jus, Veterinärmedizin, Lehramtsstudium – wozu den universitären Ballast? Wozu diese wissenschaftlichen Schnörksel? Streichen wir das doch! Etwas in der Art von Fachhochschulausbildungen ist doch viel gescheiter. Da kommen die Leute nicht auf dumme Ideen. Da werden sie nicht in irgendwelche politischen Grundsatzüberlegungen verwickelt. Handfest soll es sein! Berufsorientiert soll es sein! Das, was wir brauchen, sollen sie lernen, und zwar so, wie sich der Herr Kollege Lukesch das vorstellt. So, wie sich das die Herren Professoren vorgerückten Semesters vorstellen, so sollen Universitäten sein. (Abg. Dr. Lukesch: Das habe ich nie gesagt!) Da sind sie ja viel handzahmer, da sind sie ja viel praktischer. Da kommen dann viel weniger Proteste heraus. Und dort schaut es natürlich auch mit dem Frauenanteil anders aus: nicht einmal 20 Prozent! Das ist ja viel feiner. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist in meinen Augen Planwirtschaft in Reinkultur. Man setzt das, was manche Konzerne am Markt brauchen, zum politischen Ziel. Und dann adaptiert man das in der Form, daß man auch weiß, daß sich in der Familie und überall der Druck auf die Frauen erhöht, so nach dem Motto: Ja wer braucht denn das? Für wen leisten wir uns die Zahlung von irgendwelchen Fahrtkosten? Na ja, für das Mädel zahlt es sich eh nicht aus, das kann ja ohnehin heiraten! – Das ist die Philosophie, die da ganz klar herauskommt. Die Sozialdemokraten sagen das natürlich nicht offen, aber sie machen mit. Bei jedem dieser Schritte machen sie mit.

Auch wenn Sie bei den Beratungen zum UniStG sagen, Ihnen geht es um Autonomie und Flexibilität: Ich habe im Ausschuß etwas anderes gehört. Erstens einmal war die ÖVP dort nur mit männlichen Professoren vertreten, und zwar mit nicht ganz jungen. Von Vertretern der Studierenden war dort nichts zu sehen. Die Herren Professoren vorgerückten Semesters haben sich große Sorgen darüber gemacht, was denn mit den jungen Studierenden wird, sie könnten ja – wortwörtlich so im Ausschuß! – "hirnrissige Kombinationen" wählen und sich damit die eigene Zukunft verbauen.


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