Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 99. Sitzung / Seite 13

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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch die Osterweiterung wirft ihre Schatten voraus. Haben Sie bedacht, daß es allein in Polen mehr Bauern gibt als in der gesamten Europäischen Union? Was werden Sie denn mit diesen Menschen machen, wenn sie arbeitslos werden, wenn sie die gemeinsame Agrarpolitik übernehmen müssen, die ja auf Industrialisierung ausgerichtet ist und die kleinbäuerlichen Strukturen zerstört?

Stichwort: Weltmarkt. Herr Bundesminister! Sie sagen, das sei eine Herausforderung für uns. Ich möchte Sie ersuchen, endlich einmal sicherzustellen, daß die Wettbewerbsbedingungen innerhalb Europas für Österreich erträglich sind. Der Dieselpreis ist in Österreich doppelt so hoch wie jener in Holland oder in Deutschland. Die AMA-Marketingbeiträge sind doppelt so hoch wie jene in Deutschland. Die Mehrwertsteuer ist vor allem für die pauschalierten Landwirte viel zu hoch; die versprochene Anpassung ist bis heute nicht erfolgt. Sie setzen sich in Ihrer Regierung offensichtlich gegenüber dem Finanzminister nicht durch; es geht ja immerhin um 1,75 Milliarden Schilling jährlich. Die Sozialversicherungsbeiträge werden entgegen den Empfehlungen der §-7-Kommission erhöht. Die Bäuerinnen werden hinsichtlich ihrer Pensionsantrittsbestimmungen schlechter gestellt. Die Hofübernehmer werden durch neue Krankenkassenbeiträge überlastet. Aber damit nicht genug, man redet ja schon von der Erhöhung der Einheitswerte, von der Erhöhung der Grundsteuer. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister! Das, was Sie hier machen, ist ein empörender Betrug an den Bauern! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich zitiere noch einmal Barazon: Sie haben alle Versprechungen längst vergessen. Tag für Tag wird deutlicher, daß ihnen das Schicksal der Bauern gleichgültig ist! – Das ist keine Aussage von Reichhold oder den Freiheitlichen, sondern das ist Barazon in den "Salzburger Nachrichten". Das müßte Ihnen doch zu denken geben! – Ich glaube, auch dieses Budget ist unter diesem Blickwinkel zu sehen.

Herr Präsident Schwarzböck! Was nützt es Ihnen, wenn die Kammern jetzt wieder mehr Geld bekommen? Was nützt es den Bauern, wenn die Sozialversicherungsanstalt die Vorteile, die sie im Zusammenhang mit der Kooperation mit den Gebietskrankenkassen anstrebt, nicht an die Bauern durch Beitragssenkungen oder durch eine Erhöhung des Leistungsumfanges weitergibt? Ist es wirklich notwendig, wieder 279 Millionen in die Agrarbürokratie im Ministerium "hineinzubuttern"? Ich glaube, Sie sollten endlich Schwerpunkte setzen, denn Sie finanzieren die Bürokratie und belasten die Bauern!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Noch ein Wort zum Genossenschaftssystem – in keinem anderen Sektor sieht man so genau, daß die Hausaufgaben nicht gemacht wurden. Millionen und Abermillionen, Hunderte Millionen müssen derzeit von der Raiffeisen-Organisation in die Sanierung ihrer maroden Unternehmen gesteckt werden – das hätte schon lange vor dem EU-Beitritt erledigt werden sollen; hätten Sie doch die Genossenschaften aus dieser Zwangsjacke der Sozialpartnerschaft und des geregelten Marktes früher entlassen! –; Hunderte Millionen Schilling, die jetzt in eine Offensive der Exportwirtschaft hätten gesteckt werden können, in den Aufbau neuer internationaler Markenprodukte!

Wo ist denn der Feinkostladen Österreich? (Abg. Dr. Lukesch  – einen Apfel zeigend –: Hier!) Wo sind denn unsere Exporterfolge, Herr Bundesminister? – Sie haben vielleicht Masse exportiert, aber die agrarische Handelsbilanz hat sich doch deutlich verschlechtert! Sie sind vor dem Beitritt zur Europäischen Union damit hausieren gegangen, daß 300 Millionen Konsumenten nur darauf warten, von uns betreut zu werden. Es ist anders gekommen, als Sie es sich vorgestellt haben: Der Markt hat uns erobert und nicht wir den europäischen Markt! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Obwohl sich unsere Verarbeitungsbetriebe bemühen – das gebe ich zu –, haben sie doch bei den Exporten nichts verdient, Herr Bundesminister!

Sie sagen immer, daß wir eine hervorragende Ausgangsposition haben, daß wir nach Italien und Deutschland exportieren können. Die Agrarmarkt Austria bemüht sich, dort neue Märkte zu erschließen, aber die Zahlen sprechen doch eine andere Sprache, Herr Bundesminister! Das agrarische Handelsbilanzdefizit – Sie haben vor dem EU-Beitritt immer die 10 Milliarden bejammert – hat sich doch sehr zum Nachteil der österreichischen Bauern auf 19 Milliarden verschlechtert!


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