Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 99. Sitzung / Seite 147

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

18.54

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Lustlosigkeit in dieser Budgetdebatte ist wohl durch die Art geprägt, wie die Bundesregierung mit Duldung der Abgeordneten von den Regierungsparteien mit dem Parlament umgeht. Und die Lustlosigkeit in dieser Budgetdebatte spiegelt wohl auch wider, wie phantasielos das Budget 1998 ist. (Abg. Dr. Stummvoll: Bringen Sie uns in Stimmung, Herr Kollege!)  – Ich bin gerade dabei. Sie müssen nur die Zeitung weglegen. (Abg. Dr. Khol: Unsereiner kann Zeitung lesen und Sie verstehen, Herr Peter! So schwierig ist das nicht!)

Herr Staatssekretär! Richten Sie dem Herrn Minister aus: Es ist gutes Handwerk, was Sie mit dem Budget geleistet haben; gutes Handwerk, indem Sie wirklich alle Einmaleffekte der Budgettechnik genutzt haben, indem Sie die Budgettricks perfektioniert haben und indem Sie die Einnahmen, wo immer es gegangen ist, erhöht haben. Sie haben damit den selbstverschuldeten Kollaps des Jahres 1992 einigermaßen ausgebügelt, und Sie haben das Maastricht-Ziel erreicht. Das ist ein Erfolg!

Kein Erfolg ist es, daß diesem Budget wirklich jede Form der Zukunftsgestaltungskraft abgeht. Sie haben, wie der Herr Finanzminister selbst gesagt hat, die Kunst des Möglichen angewandt. Das war die Kunst dessen, was diese beiden Parteien möglich machen konnten, und Sie haben den kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden; den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen ÖVP und SPÖ. Manchmal, wenn ich die Debatten hier verfolge, frage ich mich: Haben Sie überhaupt noch einen gemeinsamen Nenner? Was machen Sie denn überhaupt gemeinsam in einer Koalition, wenn Sie sich in vielen Dingen nur noch darauf ausreden, was Sie alles gerne täten, Sie aber Ihr Koalitionspartner nicht machen läßt? Sie haben vielleicht wirklich nur noch die Erhaltung Ihrer parteipolitischen Macht, Ihres Einflusses als gemeinsamen Nenner, Ihre Posten- und Einflußvergabeagentur ÖVP/SPÖ.

Die Zukunft unseres Landes, meine Damen und Herren, findet in zunehmendem Maße ohne Politik statt. Sie findet statt ohne Sie, ohne Ihren riesigen Regierungsapparat. Der Strom der Politik spült Sie ganz einfach vor sich her. Sie sind keine Gestaltenden mehr, Sie sind Getriebene des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels, und Sie sind Getriebene Ihrer eigenen Interessenvertretung.

Das ist vielleicht der Grund dafür, daß es wirklich so lustlos ist, hier im Parlament vier Tage lang über im vorhinein außerhalb des Parlaments beschlossene Dinge zu diskutieren. Eigentlich ist das, was Sie tun, eine Behinderung des gesellschaftlichen Wandels! Ich fasse es mit den Worten von Professor Van der Bellen zusammen, der einmal so schön gesagt hat: Wie tüchtig muß dieses Land sein, um sich diese Bundesregierung mit dieser Art von Politik leisten zu können! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Nowotny:  ... Schlußsatz!)

Meine Damen und Herren! Herr Professor! Auch Sie sind ein wunderbarer Linkskonservativer, wie Klima das einmal genannt hat. Und da (zur ÖVP gewandt) sitzen die Rechtskonservativen. Bei diesem Wandel von der Industriegesellschaft zur Informationsgesellschaft wäre so viel zu tun, da könnte man gestalten! (Abg. Dr. Khol: Und am Rednerpult ist das Genie!)  – Wissen Sie, Herr Khol, es ist nicht das Genie, aber es ist einer, der sich dem Wandel öffnet und ihn nicht so, wie Sie das machen, als Bedrohung begreift. Für Sie ist alles, was sich ändert, eine Bedrohung (Abg. Dr. Khol: Glaube ich nicht!), und davor schützen Sie sich. Sie machen aber den großen Fehler, daß Sie glauben, auch noch die BürgerInnen vor sich selbst schützen zu müssen. Das ist das, was ich an Ihrer Politik so bedauere. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ein weltweiter Handel, weltweite Kommunikation stellen völlig neue Produktivitäten dar. Sie antworten hinsichtlich der Rahmenbedingungen darauf nicht. Die Renaissance der persönlichen Dienstleistung steht vor der Tür. Sie sind nicht bereit, sie durch Ihre Rahmenbedingungen zu ermöglichen. Die digital economy, neue Vertriebswege, neue Beschäftigungen entstehen, eine völlig neue Arbeitswelt entsteht; sie entsteht außerhalb Ihrer gesetzlichen Schranken, sie entsteht schlicht und einfach ohne Sie. Das ist die Phantasielosigkeit Ihres Budgets, das noch einen Schritt weiter geht.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite