Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 149

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Betreffend die Qualität dieser Prüfung muß man sich, wie ich meine, wirklich keine allzu großen Sorgen machen. Die Prüfungen werden von Pädagogen an Berufsbildenden Höheren Schulen abgenommen. Der Vorsitz wird vom zuständigen Landesschulinspektor wahrgenommen. Ich glaube daher nicht, daß in diesem Zusammenhang irgend etwas schieflaufen kann.

Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Matura im zweiten Bildungsweg – ob Abendschule, Berufsreifeprüfung, Studienberechtigungsprüfung – oder gar Studium im zweiten Bildungsweg, das wird von uns Sozialdemokraten grundsätzlich und absolut positiv beurteilt. Das möchte ich betonen. Mitbürger und Mitbürgerinnen, die es schaffen, neben Beruf und oft auch neben Familie eine solche berufliche Ausbildung im zweiten Bildungsweg zu absolvieren, verdienen Anerkennung und Wertschätzung, aber auf gar keinen Fall Verdächtigungen oder Unterstellung in irgendeiner Form! Wenn man von "Billa-Matura" oder davon spricht, daß nur vier Gegenstände absolviert werden müssen, dann frage ich mich: Übersieht man etwa bewußt, daß vorgeschaltet oder parallel dazu eine berufliche Ausbildung mit erledigt werden muß? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Großartig!)

Meine Damen und Herren! Wir sind hocherfreut, daß die Berufsreifeprüfung unglaublich starken Anklang findet. An die 1 800 jungen Menschen haben sich allein in Wien für diese Prüfung angemeldet, die Anmeldezahlen der Bundesländer sind mir nicht bekannt, ich weiß aber, daß auch dort eine sehr starke Nachfrage gegeben ist.

Die Bildungssackgasse Lehre wird aufgebrochen, und ich würde sogar sagen, daß es zu einer deutlichen Qualifizierungsoffensive von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Sinne des lebensbegleitenden Lernens kommt.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich hier noch einige Bemerkungen zu jenen Gesetzesvorlagen anführen, die heute zur Diskussion und zur Abstimmung anstehen.

Mit den Gesetzesänderungen, welche wir heute beschließen wollen, werden weitere Weichenstellungen in Richtung Modernisierung unseres Bildungswesens gesetzt. Frau Kollegin Schaffenrath! Es handelt sich hiebei nicht um Ankündigungsmaßnahmen, und wir befinden uns auf keiner Ankündigungsplattform. Es ist müßig, das immer wieder zu sagen und alles aufzuzählen, was bereits in Gang gesetzt wurde. Aber es muß auch akzeptiert werden, daß jeder neue Schritt ein neuer Anfang ist, der einen Prozeß in Gang setzt, und daß wir damit nicht auch heute schon fertig sein können.

Meine Damen und Herren! Wenn wir im Sinne des lebensbegleitenden Lernens die Einführung der Berufsorientierung in der dritten und vierten Klasse der Hauptschule, in der Unterstufe der AHS und den entsprechenden Schulstufen im Bereich der Allgemeinen Sonderschule und der Volksschuloberstufe vornehmen, dann sind das Reaktionen auf gesellschaftliche Veränderungen. Die Anforderungen im Berufsleben und in der Arbeitswelt steigen, die Wirtschaft mit ihren rasanten Entwicklungen ist in Bewegung, im Bereich der Technologie sind wir mit Herausforderungen konfrontiert. Wenn bisher Berufsorientierung in den Schulen nur im Rahmen von unverbindlichen Übungen stattfand, so ist das heute nicht mehr genug. Wir brauchen einen verbindlichen Unterrichtsgegenstand und eine verbindliche Übung "Berufsorientierung", und wir brauchen einen spezifischen Lehrplan dazu, und genau das wird mit diesem Gesetz eingelöst und geleistet. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Berufsorientierung beziehungsweise Berufsfindung ist keine momentane Entscheidung, sondern ein Prozeß, der von Entwicklungen und Erfahrungen begleitet wird. Der junge Mensch muß erleben und erfahren, welche Fähigkeiten er hat, mit welchen Fähigkeiten er sich beruflich bewähren kann. Daher bin ich der Auffassung, daß die heute zu treffende Neuerung ein absolut richtiger und selbstverständlich notwendiger Ansatz ist.

In Ergänzung zur bereits beschlossenen Berufsreifeprüfung wird – darauf wurde schon hingewiesen – nun der § 46 dahin gehend ausgeweitet, daß im Bereich der Berufsschule, aber selbstverständlich auch im Bereich des berufsbildenden mittleren Schulwesens Maßnahmen zu setzen sind, mit denen auf die Berufsreifeprüfung vorbereitet wird. Es werden im Gesetzestext


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