Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 194

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21.41

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stimme dem Kollegen Ofner zu, daß jene Fragen, über die wir im Justizausschuß und in Gesprächen zwischen den Parteien sehr ausführlich diskutiert haben, sicher keine parteipolitischen sind.

Das ist eher eine Frage des Zugangs zu folgendem Problem: Wie möchte man es in diesem Fall schaffen, daß die rechtsunterworfene Bevölkerung auf vernünftige Art und Weise zu ihrem zivilrechtlichen Anspruch und zu vernünftigen Fristen kommt? – Wenn es ein Faktum ist, daß der Oberste Gerichtshof massiv überlastet ist, kann man natürlich den Weg beschreiten, den Kollege Ofner vorgeschlagen hat, daß man nämlich noch einen Senat schafft und vielleicht dann, wenn man nach einem Jahr oder zwei (Abg. Dr. Ofner: Das dauert länger!) oder noch mehr Jahren daraufkommt und in Kauf nimmt, daß es immer länger dauert, bis jemand zu einem rechtskräftigen Urteil kommt, etwas unternimmt. Das ist ein Weg, den zu verlangen durchaus legitim ist, nur: Wir Sozialdemokraten sind eben nicht der Auffassung, daß das der richtige Weg ist.

Ich erinnere etwa an die vielen Diskussionen, die wir zu Justizfragen geführt haben, bei denen massivst beklagt wurde, daß es auch bis hin zur Rechtsverweigerung empfunden werden kann, wenn ein Staatsbürger zu lange nicht zu seinem Urteil kommt: so oder so.

Wenn man sich jetzt daher überlegt, die zweite Instanz aufzuwerten und den Obersten Gerichtshof so zu entlasten, daß man ihn in der Tat nur für "erhebliche Rechtsfragen" heranzieht – ich weiß, Kollege Ofner, daß du das weißt, aber man muß es für die Nicht-Insider in Justizfragen klarstellen –: Es ist nicht so, daß die ordentliche Revision durch diese Wertgrenzen-Novelle beschränkt wird, sondern diese hat es bisher auch unter 50 000 S nicht gegeben; jetzt wird sie halt unter 52 000 S nicht möglich sein. (Abg. Dr. Ofner: Wird es gar keine mehr geben!) Ich komme gleich zu diesem Punkt.

Sicher wird – wenn wir das beschließen, was ich ja annehme – eine sogenannte außerordentliche Revision dann nicht möglich sein, wenn der Streitwert unter 260 00 S liegt, und wenn das Oberlandesgericht oder das Gericht zweiter Instanz – also auch schon in einem Senatsverfahren, bei einem Urteil, das von einem Richtersenat gefällt wurde – die Auffassung vertritt, es handle sich hiebei um keine so erhebliche Rechtsfrage, sodaß man außerordentlicherweise trotzdem noch zum Obersten Gerichtshof gehen kann.

Die Frage ist, ob man das für richtig hält oder nicht. Wir von der SPÖ meinen, daß es sinnvoll ist, den Obersten Gerichtshof dafür freizumachen, daß er für erhebliche Rechtsfragen in Zivilrechtssachen, in Außerstreitsachen genügend Zeit, Kapazität und Intensität hat, diese zu lösen.

Eine Richtigstellung muß ich auch noch anbringen: Die mündliche Berufungsverhandlung wird nicht abgeschafft, wenn dieses Gesetz beschlossen wird. (Abg. Dr. Ofner: De facto!) Darüber müssen wir uns schon in einer Juristendiskussion, einigen, wenn jetzt der Zwischenruf "de facto" gekommen ist. Jeder wird jederzeit – auch nach dieser Novelle – natürlich das Recht haben, eine mündliche Berufungsverhandlung zu beantragen, und er wird sie auch bekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! 6 Minuten Redezeit sind sehr kurz. – Ich habe Wert darauf gelegt, diese für das Rechtsschutzempfinden der Menschen wichtige Frage aus Sicht der SPÖ klarzustellen. Wir haben noch viele andere Punkte in diese Wertgrenzen-Novelle verpackt. – Das rote Licht hier blinkt schon wieder. Ich muß daher schon zum Ende meiner Ausführungen kommen.

Ich möchte nur schnell noch zwei Sätze dazu sagen, daß wir zwei Anträge, nämlich den meines Kollegen Keppelmüller und den der Kollegin Stoistis, miterledigt haben, die sich mit dem Segment der Kostenfrage befassen. Meine Damen und Herren! Daß diese Anträge einfach miterledigt werden, heißt nicht, daß sie für schlecht, verwerflich oder ähnliches gehalten werden, sondern das hat folgenden Grund: Wir wissen, daß über massives Drängen seitens der Politik das Justizministerium mit der Rechtsanwaltskammer, mit dem Rechtsanwaltskammertag noch im Frühsommer nächsten Jahres eine Novelle zur Rechtsanwaltsordnung und eine Gesamt


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