Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 43

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Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Du hast es Ihnen gut reingesagt!)

10.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

10.52

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Rechnungshofpräsident! Vorweg folgendes: Die Grünen werden routinegemäß dem Bundesrechnungsabschluß nicht zustimmen, aber Sie müssen das nicht mißverstehen. Das geht in keiner Weise gegen Ihre Beamten im Rechnungshof, die wie immer gute Arbeit geleistet haben, aber die Zustimmung der Grünen könnte politisch mißverstanden werden, und zwar als Ex-post-Zustimmung zum Budget 1996. Das können wir natürlich nicht tun.

Ich möchte auch positiv vermerken, daß einige Anregungen in den Rechnungsabschluß 1996 aufgenommen worden sind, die wir im Jahr davor vorgeschlagen haben, wie zum Beispiel nicht nur die verbale Erläuterung der Bedeutung des Primärdefizits, sondern auch dessen quantitative Darstellung. Es sind auch die Darstellung des Maastricht-Defizits und der Maastricht-Verschuldung dort zu finden, wobei mir aufgefallen ist, daß die Defizitdaten der Länder und Gemeinden für das Jahr 1996 noch nicht enthalten sind, was darauf hindeutet – was wir ohnehin alle wissen –, daß die Länder und Gemeinden mit ihren Verschuldungs- und Defizitdaten sehr stark in Verzug sind.

Ich kann auch den Damen und Herren der Regierungsparteien nur empfehlen, den kurzen Kommentar auf Seite 28 des Rechnungsabschlusses zu lesen. Kollege Nowotny hat ihn bereits gelesen, weil er sich doch so gegen das, was Herr Haselsteiner gesagt hat, gewehrt hat. Es handelt sich um einen kurzgefaßten, komprimierten Kommentar, der an sich völlig in Ordnung ist und im übrigen auch keine alleinige Erfindung des Rechnungshofes darstellt. Dort werden ja Herr Kollege Lehner vom Wifo, der OECD-Bericht und der Internationale Währungsfonds zitiert. Es ist also nicht so, daß dies völlig in der Luft hängt. Doch dazu werde ich nicht mehr Stellung nehmen, denn Herr Kollege Haselsteiner hat dies bereits zur Genüge getan.

Ich möchte Sie, Herr Staatssekretär Ruttenstorfer, vielmehr auf Seite 50 im Rechnungsabschluß hinweisen. Dort finden Sie nämlich die Tabelle über die Abgabenrückstände und die Guthaben der Abgabepflichtigen. Ich würde den Rechnungshofpräsidenten bitten – hier liegen nur die nackten Daten vor –, ob der Bericht es auch ein wenig kommentieren könnte, warum diese Dynamik bei den Abgabenrückständen entstanden ist, bei den Steuerguthaben hingegen nicht. Wenn man diese Tabelle näher betrachtet, dann kann man erkennen, daß in der letzten Zeile – Entwicklung der Guthaben von Abgabepflichtigen für die Jahre 1995 beziehungsweise 1996 – 15 Milliarden Schilling aufscheinen. Diese 15 Milliarden Schilling sind genau der Grund, warum wir uns im Rahmen der Debatte über das Budget 1998 gestritten haben; deswegen gestritten haben, weil im Budget für 1998 Finanzminister Edlinger diese 15 Milliarden Schilling plötzlich als normale Steuereinnahmen verbucht hat, was in all den Jahren davor nicht der Fall war. Sie wurden als Steuereinnahmen verbucht, obwohl es sich ökonomisch gesehen de facto um einen zinsenfreien Kredit der Abgabepflichtigen an den Staat handelt und sie rein wirtschaftlich gesehen sicher keine Steuereinnahmen im üblichen Sinne sind.

Daraus folgt – und das war immer wieder Gegenstand der Auseinandersetzung zwischen Minister Edlinger und mir –, so habe ich behauptet, daß diese 15 Milliarden Schilling nicht defizitwirksam sind, das heißt, das echte Defizit des Jahres 1998 in Wirklichkeit um 15 Milliarden Schilling höher als offiziell ausgewiesen beziehungsweise um 0,6 Prozent des BIP höher ist. Das folgt – so meinte ich damals – aus der Philosophie der Maastricht-Abgrenzung, über die man nun lange streiten kann; aber die Maastricht-Abgrenzung eines Defizits folgt nun einmal dem sogenannten Accrual-Prinzip und nicht dem Cash-Prinzip, während das Finanzministerium so tut, als wäre das Cash-Prinzip das normale und übliche. Das Argument des Herrn Minister Edlinger war immer folgendes: Das mag schon sein, aber das ist Maastricht-konform, denn alle anderen Staaten – ich glaube, mit Ausnahme Italiens – tun das auch.


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