Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 68

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Ich meine, daß sich damit die – hoffentlich von allen Fraktionen gemeinsam getragene – außenpolitische Grundlinie, die ja keine parteipolitische sein darf, bewährt hat: daß wir unaufgeregt, konsequent und engagiert gute Nachbarschaftspolitik auf bilateraler Basis betreiben, auf diese Art und Weise gute, konstruktive und tragfähige Lösungen erreichen und dies nicht mit multilateralen Erweiterungsprozessen vermischen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Letzter Punkt: Algerien. Ich danke dafür, daß einige Sprecher das Engagement und die Präsenz der Staatssekretärin Benita Ferrero-Waldner gelobt haben. Ich kann dem wirklich beipflichten. Sie ist eine absolut mutige Frau. Denn diese äußerst schwierige Mission ist unter einem denkbar ungünstigen Stern gestanden. Sie hat eine unglaublich große Beachtung in der Presse gefunden und ist zum Teil unter extrem schwierigen Sicherheitsbedingungen vor sich gegangen. Klammer auf: Für uns ist es intern wohl auch notwendig, daß wir unsere Vertreter mit für solch spezifische Missionen geeigneten Sicherheitsmaßnahmen ausstatten, was diesmal nicht der Fall war und mir persönlich sehr leid tut. Das müssen wir wirklich besser machen.

Ich möchte an dieser Stelle Benita Ferrero-Waldner sehr danken. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie beim Liberalen Forum.)

Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob wir hinsichtlich des Levels des Besuchs gegenüber den Algeriern nachgegeben haben. Ich würde das umdrehen. Meine Linie war es von Anfang an – auch jene der Staatssekretärin –, daß dieser Besuch aus vielen Gründen auf politischer Ebene stattfinden soll. Selbstverständlich kann man ihn auch auf einem anderen Level stattfinden lassen, aber weil dies primär politischen Dialog mit der algerischen Regierung voraussetzt, war es intern immer unsere Meinung – wir haben auch recht behalten –, daß dies ein Besuch entweder auf Minister- oder Juniorministerebene – damit sind die Staatssekretäre gemeint – sein soll. Daher war es richtig, daß die Präsidentschaft der Briten dann auf die einzig mögliche Präsenz umgestiegen ist.

Zur Frage: War es ein Erfolg oder ein Mißerfolg? – Ich würde, meine Damen und Herren, sehr vorsichtig sein bei der Bewertung eines solches Besuches, und zwar aus einem einfachen Grund: Kurzfristig gesehen und gemessen an der von allen, glaube ich, geteilten Erwartung, daß die Massaker aufhören, die in den letzten fünf Jahren 80 000 unschuldigen Menschen in Algerien das Leben gekostet haben, in der Erwartung, daß humanitäre Hilfe geleistet wird, daß die Flüchtlinge und die Opfer ausreichende Hilfe von der Union und von der internationalen Staatengemeinschaft bekommen, daß ein politischer Dialog mit den oppositionellen Kräften begonnen wird, daß die Demokratisierung des Landes in den Vordergrund gerückt wird, daß die UNO-Hochkommissärin für Menschenrechte und Flüchtlingswesen Zugangsrechte hat und untersuchen darf, unter der Annahme, daß es eine verbesserte Polizeikooperation gibt, um auch dem Terrorismus den Boden zu entziehen, unter der Annahme, daß all das möglich ist, war die Mission kein Erfolg. – Kurzfristig gesehen!

Nur: Wir haben vorher wissen müssen und auch gewußt, daß durch einen 24stündigen Besuch die Erreichung dieser Erfolgslatte nicht möglich sein wird. Frage: Hätte deswegen die Staatssekretärin oder hätte die Troika nicht fahren sollen, obwohl alle in Algerien, vor allem die Bevölkerung, aber auch die Opposition, darauf gehofft und gewartet haben, daß diese verstärkte europäische Präsenz endlich – ich sage: um Jahre zu spät – kommt? – Die Antwort darauf ist ein klares Nein.

Es war richtig, hinzufahren. Ich meine, es war wichtig und notwendig, zu verlangen, daß man Zugang zu Flüchtlingslagern, zu Spitälern bekommt – leider ist es nicht gelungen –, daß man Gespräche mit der Opposition führt, daß man Gespräche mit den unabhängigen Zeitungsherausgebern führen kann, was gelungen ist. Das sind mutige Leute, die unter sehr schwierigen Umständen ihr Amt ausüben und ihre Verantwortung wahrnehmen.

Insofern, meine ich, war es wichtig, daß dieser Beginn eines Dialogs, dieser Beginn eines verstärkten Engagements der Europäischen Union gesetzt wurde, und ich bin stolz darauf, daß


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