Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 120

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Zum anderen aber frage ich: Welche Selbstverantwortung? Wer empfindet so im Hinblick auf Selbstverantwortung? – Meine Herren! Das ist ein rein männlicher Begriff von Selbstverantwortung. (Zwischenruf des Abg. Kiss. ) Herr Abgeordneter Kiss! Die ÖVP verwendet sonst bei den Debatten in der Regel – ich passe diesbezüglich sehr genau auf – immer nur die männliche Form, heute aber haben Sie gesagt: Es gibt 327 000 Besitzerinnen und Besitzer von Waffen. Herr Abgeordneter Kiss! Sagen Sie doch einmal, wie viele davon männlich und wie viele davon weiblich sind. Dann wird sich ja ganz genau herausstellen, wo wir in diesem Bereich ein statistisches Problem und einen Nachholbedarf haben. (Abg. Kiss: Kollegin Petrovic! 28 Prozent weiblich, 72 Prozent männlich!)

Das ist eine männliche Vorstellung von Selbstverantwortung, und diese hat eine Ähnlichkeit – das scheint tiefenpsychologisch begründet zu sein; ich erspare mir die Ausführungen dazu – mit dem bei Tieren auftretenden – ich stelle hier nicht diese Vergleiche an – Imponiergehabe. Bei Männern scheint das – das ist statistisch erwiesen – weit häufiger mit sehr vielen PS, großen Kalibern oder scharf gemachten Hunden oder sonst irgend etwas zu tun zu haben, also mit irgend etwas außerhalb der eigenen Person, mit irgend etwas, was einen stark, groß und mächtig erscheinen läßt, obwohl es in Wirklichkeit vielleicht nicht ganz so ist.

Der weibliche und der vernünftige männliche Begriff von Selbstverantwortung sieht anders aus, und in diesem Zusammenhang haben Sie einen großen Nachholbedarf in diesem Lande.

Wir haben in Österreich noch immer ein sehr zünftisches Gewerbewesen. Es gibt viele Leute, die sich auf unbürokratischem Wege selbständig machen wollen, aber das geht nicht in unserem Lande, da irgendwelche Fachverbände dagegen sind.

Wer war dagegen, daß wir beim Studium, bei den Fächerkombinationen wirklich liberalisieren? – Die ÖVP war dagegen! (Abg. Dr. Lukesch: Nein, das stimmt nicht!)

Die alten Menschen, die behinderten Menschen wollen selbstbestimmt, selbstverantwortlich leben, aber man sperrt sie in Betreuungseinrichtungen und nimmt ihnen ihre Selbstverantwortung. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dort haben Sie Handlungsbedarf – nicht bei der Selbstbestimmung hinsichtlich des Schießgewehrs! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen noch etwas – das ist jetzt vor allem an die Adresse des Herrn Bundesministers und an jene der Sozialdemokratischen Partei gerichtet –: Gerade in dieser Plenarsitzung – es reiht sich ein Punkt an den anderen – sagen Sie, daß Sie der Fristsetzung nicht zustimmen werden, weil Sie intensiv und länger verhandeln wollen. Aber Sie haben ja gehört: Es besteht keine Bereitschaft! Es ist keine Bereitschaft vorhanden! – Gentechnik, Tierschutz, Frauenangelegenheiten: Immer wieder bekommen Sie die gleiche Antwort. Da frage ich mich: Wie geht die Sozialdemokratische Partei damit um? Spielen wir jetzt eineinhalb Jahre Wahlkampf, oder sagen Sie: Wir täten ja so gerne, aber die lassen uns schon wieder nicht!? Wie geht die stärkste Fraktion in diesem Lande damit um?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Sie werden diesen Schlußsatz noch öfter von mir hören: Ich wünsche mir von Ihnen einmal so viel Einsatzfreude und Kampfbereitschaft wie bei Ihrer Machtpolitik, wie bei den Anteilen an der Bank Austria. Gehen Sie so in der Waffencausa vor! (Beifall bei den Grünen.)

16.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Wir stimmen ab über den Antrag, dem Innenausschuß zur Berichterstattung über den Antrag betreffend Novellierung des Waffengesetzes eine Frist bis zum 24. Feber 1998 zu setzen.


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