Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 183

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

21.28

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Es sind hier vorhin zwei Untersuchungen zitiert worden, eine vom Kollegen Schweitzer und eine weitere von meiner Vorrednerin Kollegin Brinek, beide mit völlig unterschiedlichen Daten. Ich kenne beide, ich habe beide bei mir und möchte beide kurz ansprechen.

Die freiheitliche Fraktion kritisiert in ihrem Entschließungsantrag einmal mehr die Rechtschreibreform und fordert deren Aussetzung. (Abg. Mag. Stadler: Wie alle Literaten und Künstler in Österreich!) Als Begründung führt sie in ihrem Entschließungsantrag auf Seite 2 im dritten Absatz unter anderem folgendes an – ich zitiere –:

"Die Rechtschreibreform beschäftigt aber nicht nur Experten, sondern erregt auch nachhaltig den Unmut der Bevölkerung, was die jüngste Studie des Linzer Meinungsforschungsinstitutes ,spectra‘ eindrucksvoll belegt." – Jetzt wird es interessant! Da heißt es weiter: "Die Ablehnung der Rechtschreibreform zieht sich quer durch alle Bevölkerungs- und Bildungsschichten. Von 92 Prozent der Befragten, die schon von der Rechtschreibreform gehört hatten" – irgendwo etwas gehört oder gelesen hatten –, "empfanden 70 Prozent das neue Regelwerk als ,nicht gut’..." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Dem stehen die Befragungsergebnisse einer Studie, die Kollegin Brinek hier präsentiert hat, gegenüber. Die in dieser Studie enthaltenen Fakten stammen von Lehrerinnen und Lehrern, die täglich beruflich mit der neuen Rechtschreibung konfrontiert sind und diese in den Klassen unterrichten.

Nur noch einmal schnell im Telegrammstil: An 99 Prozent der österreichischen Volksschulen wird bereits nach der neuen Rechtschreibung unterrichtet. 93 Prozent, wie gesagt, führen an, daß es überhaupt keine Probleme bei der Einführung gegeben habe. 94 Prozent der Volksschuldirektoren stellen fest, daß sie Mitteilungen an Eltern, Lehrer und Schüler ausschließlich nach der neuen Rechtschreibung verfassen. – Ich darf das nur in Erinnerung rufen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wir können daher von einer sehr großen Akzeptanz der neuen Rechtschreibung sowohl in den österreichischen Schulen als auch in der österreichischen Bevölkerung ausgehen. Dennoch – das darf ich noch hinzufügen – zeigt sich die Rechtschreibreform-Kommission flexibel; sie ist bereit und bemüht, auf Kritik einzugehen.

Ich darf Ihnen berichten, daß morgen, am 23. Jänner 1998, die "Zwischenstaatliche Kommission für Rechtschreibung" in Mannheim ein Hearing zur neuen Rechtschreibreform veranstalten wird. Sie hat sämtliche Institutionen, die Kritik an der Rechtschreibreform üben, dazu eingeladen. Man will dort über Veränderungen und Verbesserungsvorschläge diskutieren, und wenn es erforderlich ist, wird man die Kritik entsprechend einarbeiten. Es soll in der Folge einen Abschlußbericht geben, der den zuständigen Stellen in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich vorgelegt werden wird.

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte meine Rede mit dem ersten Satz des Entschließungsantrages der Freiheitlichen beenden – ich zitiere –:

"Man kann doch auch einmal klüger werden, und man muß sich auch dazu bekennen, daß man sich irren kann."

Ich würde Sie von den Freiheitlichen wirklich bitten, daß Sie diesen Irrtum revidieren, dem Sie offenbar unterliegen, indem Sie sich auf Aussagen von Leuten, die von der Rechtschreibreform etwas gehört haben, berufen. – Ich meine, daß man so nicht argumentieren kann. (Beifall bei der SPÖ.)

21.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

21.32

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! "Man kann doch einmal klüger werden", hat Kollege Antoni gesagt. – Das gilt natürlich auch für die Rechtschreibreform


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite