Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 187

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bedient, der im Umweg über ein nichtgerechtfertigtes Strafverfahren versucht, zivilrechtliche Ansprüche zu erheben und Druck auf die Republik Österreich und die Stiftung Leopold auszuüben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Beispiel dieses Falles wird ersichtlich, daß dieses Rechtshilfeübereinkommen zu weitgehend ist, denn die Souveränität der Republik Österreich und der Ordre public bleiben nicht gewahrt, weil die Republik Österreich auch in einem Fall der Beschlagnahme von Bildern der Sammlung Leopold gemäß diesem Staatsvertrag verpflichtet wäre, hier in Österreich Erhebungen vorzunehmen, obwohl ganz eindeutig strafbares Handeln nicht vorliegt, sondern ein Gutglaubenserwerb stattgefunden hat. Im europäischen Rechtsbereich ist ein Gutglaubenserwerb gemäß § 367 ABGB und § 366 HGB eindeutig definiert. Und auch das zeigt die völlige Ungleichbehandlung: Denn in den Vereinigten Staaten muß die Eigentümerkette bis zum ursprünglichen, originären Eigentümer zurückverfolgt werden.

Meine Damen und Herren! Ich befürworte Rechtshilfeübereinkommen, sie dürfen aber nicht so weit gehen, daß dabei die Souveränität Österreichs fast vollständig aufgegeben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Fuhrmann. – Bitte.

21.47

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auch einige Sätze zum vorliegenden Vertrag zwischen Österreich und den Vereinigten Staaten betreffend Rechtshilfe sagen, wobei ich versuchen werde, in einen konstruktiven Dialog mit meinem Vorredner, dem Kollegen Krüger, einzutreten.

Bisher bestand das Problem, daß sich die Rechtshilfe zwischen Österreich und den Vereinigten Staaten aufgrund der von Krüger schon angesprochenen sehr verschiedenartigen Rechtssysteme schwierig gestaltet hat. Bis jetzt geschah das auf Basis von Gegenseitigkeit. Es gab einen diesbezüglichen Erlaß des Bundesministeriums für Justiz, ursprünglich aus dem Jahre 1951, dann in der Fassung 1954; er war also nicht gerade sehr taufrisch.

Wie mein Vorredner auch schon gesagt hat, trägt der vorliegende Vertrag dem Umstand und der Tatsache Rechnung, daß eine massive Zunahme des Rechtshilfeverkehrs zwischen diesen beiden Ländern in jüngerer Vergangenheit feststellbar war. Die Intention ist also, eine klare Regelungssituation herzustellen.

Jetzt komme ich zu den Bedenken, die Kollege Krüger angeführt hat, und es würde mich interessieren, wie der Herr Minister darauf reagiert, denn es wurde ja ein sehr massiver und ernstzunehmender Vorbehalt hier ausgesprochen.

Ich meine, den Vertrag – ebenso wie die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion – so verstehen zu können, daß die Rücksichtnahme auf den österreichischen Ordre public, die Nichteingriffsmöglichkeit beziehungsweise das Nichttangieren der österreichischen Souveränität dadurch gewahrt bleiben, daß Zwangsmaßnahmen im Rechtshilfeweg nur dann durchgeführt werden dürfen, wenn es sich um Delikte handelt, die in beiden Ländern mit gerichtlicher Strafbarkeit geahndet werden. Und damit, Kollege Krüger, ist die Rechtssituation des europäischen Rechtshilfeübereinkommens an und für sich wiederhergestellt.

Außerdem glaube ich, den vorliegenden Vertrag so verstehen zu können, daß auch dann, wenn dieser Vertrag ratifiziert ist, Rechtshilfeleistungen auf Grundlage von Gegenseitigkeit nach § 3 des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes nicht ausgeschlossen sind, sodaß wir auch auf die diesbezüglichen Einwendungen vorsichtig Rücksicht nehmen. (Abg. Mag. Stadler: Gilt das auch für Delikte, die mit der Todesstrafe geahndet werden?) Kollege Stadler! Das wollte ich mit meinem vorletzten Satz noch sagen.

Es ist festzuhalten – eine solche Klarstellung ist bei einer solchen Debatte wichtig –, daß durch dieses Übereinkommen der § 20 des ARHG nicht berührt wird, der besagt, daß eine Auslieferung ohne Gewährleistung, daß die Todesstrafe nicht verhängt wird, nicht erfolgen darf –


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