Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 197

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beziehungsweise ergänzungsbedürftigsten des geltenden österreichischen Staatsbürgerschaftsrechts erscheinen.

Das wesentlichste ist meiner Meinung nach die Erleichterung der Einbürgerung für Folgegenerationen. Das geltende Recht sieht keine Möglichkeit vor, daß Menschen, die in Österreich geboren werden, bei ihrer Geburt automatisch die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben, wenn ihre Eltern – und das ist das Wesentliche! – bereits in Österreich geboren wurden. Das nennt die Wissenschaft das sogenannte doppelte ius soli. Kinder, die in Österreich geboren werden, werden, obwohl ihre Eltern bereits in Österreich geboren wurden, in Österreich nicht automatisch Staatsbürger. Diese Kinder sind nicht – lassen Sie es mich jetzt einmal so sagen – automatisch Österreicher und Österreicherinnen, obwohl sie es faktisch sind. Es kann mir keiner erklären, daß Kinder, deren Eltern bereits in Österreich geboren wurden, nicht – sowohl vom Gefühl als auch von der Weise her, wie andere diese Sache sehen – Österreicher sind. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist ein nicht unwesentlich wichtiger, nämlich die Forderung nach einer gänzlichen Gleichgleichstellung von ehelichen und unehelichen Kindern im Staatsbürgerschaftsrecht. Da gibt es Lücken und Mängel.

Der dritte Punkt ist wohl der umstrittenste, und zwar die Ermöglichung von Doppelstaatsbürgerschaften.

Der vierte und der fünfte Punkt beziehen sich auf die Fristen. Es ist geltendes Recht in Österreich, den Rechtsanspruch auf Staatsbürgerschaft erst nach 30 Jahren Aufenthalt im Bundesgebiet – Aufenthalt im Bundesgebiet heißt Hauptwohnsitz im Bundesgebiet – zu gewähren. 30 Jahre! Diese Frist ist im europäischen Vergleich einzigartig, nämlich einzigartig lang. Wir Grünen schlagen vor, diese auf zehn Jahre zu verkürzen und die Verleihung der Staatsbürgerschaft nach fünf Jahren zu ermöglichen. Gleichzeitig fordern wir auch die Einschränkung der Ermessensspielräume, die das Gesetz heute vorsieht, um damit den Staatsbürgerschaftswerbern beziehungsweise den Neobürgerinnen und -bürgern mehr Rechtssicherheit zu geben.

Ein weiterer Punkt ist die Berufungsmöglichkeit bei Entscheidungen an den jeweiligen UVs. Diese Möglichkeit scheint im Sinne von mehr Rechtssicherheit und auch der Möglichkeit an sich, Einsprüche zu erheben oder Gegenentscheidungen zu treffen, notwendig.

Ein allerletzter Punkt – ich würde fast sagen ein Hobby, das Herr Bundesminister außer Dienst Dr. Pahr schon seit vielen Jahren hat – ist die Beseitigung der immens hohen Gebühren bei Staatsbürgerschaftsverleihungen. Es gibt nicht wenige Fälle, meine Damen und Herren, in denen ausländischen Familien mit zwei Kindern, die schon lange in Österreich leben und die österreichische Staatsbürgerschaft haben möchten, also vierköpfigen Familien, Kosten in der Höhe von 100 000 S und mehr entstehen können. Das scheint zweifelsfrei unverhältnismäßig hoch zu sein.

Ich bin nicht dafür, daß die Erlangung der Staatsbürgerschaft kostenlos ist. In Österreich ist nichts umsonst im Sinne von kostenlos. Überall muß man Stempelmarken kleben, und vielleicht ist es auch für das Selbstverständnis von Neoösterreichern wichtig, Stempelmarken zu kleben. Aber so, wie sich die Rechtslage heute darstellt (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), ist sie unbefriedigend und novellierungsbedürftig. Mehr dazu im Innenausschuß und bei einer allfälligen Novellierung. (Beifall bei den Grünen. )

22.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaál. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.33

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Erlauben Sie mir ein paar grundsätzliche Feststellungen zu dem vorliegenden Antrag der Grünen.


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