Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 44

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Es gibt ein paar Bereiche, für die wir Ihnen sehr genau vorgerechnet und dargelegt haben, wie günstige Beschäftigungseffekte zu erzielen wären. Dazu gehört das "ewige" Thema der Nichtentsteuerung von Gewinnen, die im Unternehmen verbleiben. Die Wirtschaftskammer befürwortet dieses Konzept, und wenn sie mit Unternehmen spricht, sagt sie: Ja, das ist eine gute Sache, ihr kann man nähertreten. Aber, Herr Kollege Stummvoll: Jeder Entschließungsantrag in dieser Richtung wird von Ihnen hier in diesem Haus abgelehnt!

Genauso ist es mit der Getränkesteuer. Da sammeln Sie bei den Gastwirten und beim Lebensmittelhandel 300 000 Unterschriften, aber der gleiche Antrag, den Sie von Unternehmern unterschreiben lassen, wird hier im Parlament von Ihnen – von den gleichen, die sammeln – abgelehnt. (Abg. Dr. Stummvoll: Das war ein Lösungsvorschlag!) Das nenne ich Doppelbödigkeit! Auf diese Weise können Sie keine Wirtschaftspolitik und auch keine Beschäftigungspolitik machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Stummvoll! Sie müßten sich einmal fünf Jahre als Generalsekretär der Wirtschaftskammer karenzieren lassen, um ein Unternehmen zu führen. Dann sollten Sie wieder zurückgehen, und dann würden Sie merken, was es heißt, Unternehmer zu sein! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Wir haben eine Gesamtverantwortung!)

Ein letztes Thema: die Frage der EU-Osterweiterung. Es ist heute schon angeschnitten worden. Herr Kollege ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (fortsetzend): Die Zustimmung zur EU-Osterweiterung wird für uns nur dann möglich sein, wenn wirtschaftliche Konvergenz gegeben ist. Bei 3 Prozent Wirtschaftswachstum in Tschechien werden 28 Jahre vergehen müssen, damit das gleiche Lohnniveau wie in Österreich erreicht wird. Erst dann kann es eine EU-Osterweiterung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf als weiteren ausländischen Gast den Vizepräsidenten des Parlaments von Estland, Herrn Tunne Kelam, begrüßen. Er hält sich aus Anlaß des Nationalfeiertags von Estland hier in Österreich auf. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Peter. Die Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

12.22

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Es gibt wohl wenige Themen, die politisch schwerwiegender sind als die Frage der Beschäftigung und der Vollbeschäftigung. Das Liberale Forum hält die Vollbeschäftigung für ein politisches Ziel, allerdings sind wir im Unterschied zu vielen der Vorredner, die sich bisher dazu geäußert haben, der Ansicht, daß dieses Ziel in der Form, die wir bisher gewohnt waren, nicht erreichbar sein wird.

Es gibt heute zwei Arbeitsmärkte, das müssen Sie trotz aller politischen Rhetorik zur Kenntnis nehmen. Der eine ist der Arbeitsmarkt der Nachfrage. Dort scheiden jedes Jahr 10 Prozent der Mitarbeiter – im wesentlichen aus Qualifikationsgründen – aus dem Arbeitsprozeß aus, und es wird ein ebenso hoher Prozentsatz an neuen Mitarbeitern gebraucht. Das ist die Geschwindigkeit, mit der sich die Technologien und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändern. Am Ende der Dekade, in der wir uns jetzt befinden, werden 80 Prozent der heute gebräuchlichen Technologien nicht mehr marktkonform sein.

Unser Problem ist, daß sich der Nachfrage-Arbeitsmarkt mit einem Faktor von 10 Prozent pro Jahr sehr schnell entwickelt, während die Angebote am Arbeitsmarkt sich nur mit 2 bis 3 Prozent pro Jahr verändern. In dieser Hinsicht stimme ich all denen zu, die über Bildungspolitik gesprochen haben. Dies wird in der ganz konkreten Frage der Beschäftigung in Österreich der Schlüssel sein: Gelingt es uns, dies in der Bildungspolitik den Menschen in unserem Lande für


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