der irrt. Das ist überhaupt keine Frage! Das ist überhaupt keine Frage, daß sich der Bundeskanzler nicht tagesaktuell einzumischen hat. – Aber, Herr Bundeskanzler, ich frage Sie: Wieso schweigen Sie? Wieso schweigen Sie? Ein Bundeskanzler, der die Kunst zur "Chefsache" erklärt hat, kann sich in dieser Sache, die zu Lasten der Opfer ausgetragen wird, nicht verschweigen! Darum geht es, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Niemand verlangt von Ihnen, daß Sie Herrn Peymann ins Bundeskanzleramt zitieren und darauf bestehen, daß das Stück abgesetzt wird. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das könnte er auch machen!) Aber jeder – wir wissen das aus Hunderten Anrufen, und auch Sie wissen das aus Hunderten Anrufen in Ihrer Parteizentrale – erwartet vom Bundeskanzler, der die Kunst zur "Chefsache" erklärt, eine deutliche Mißbilligung der Tatsache des Auftrittes des Otto Mühl im Burgtheater! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Haider: Jawohl! – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Oder sympathisieren Sie?)
Und, Herr Bundeskanzler, es sind durchaus auch Journalisten aus dem linksliberalen Bereich, die diese meine Einschätzung und Wertung teilen. Ich verweise etwa auf Michael Maier, der im "Standard" vom 16. Feber schreibt: "Es gibt konkrete Opfer, es gibt wirkliche Kinder, die geschändet und deren Leben unwiederbringlich zerstört wurde." Unwiederbringliche Zerstörung deren Lebens! "Niemand", schreibt Michael Maier weiter, "und schon gar nicht die Kunst hat das Recht, das wirkliche Leid dieser Kinder ins Banale zu ziehen, oder noch schlimmer: die Täter durch die scheinbar naive Verharmlosung noch ein weiteres Mal über ihre Opfer triumphieren zu lassen."
Genau darum geht es, sehr geehrter Herr Bundeskanzler. Darum hätte sich die österreichische Bevölkerung von Ihnen eine deutliche Distanzierung erwartet: aus Respekt vor den Opfern und stellvertretend für all jene Opfer, wie sie etwa im Wiener Bericht ausgewiesen werden. 11 000 – 11 000! – Fälle von Kindesmißbrauch gab es in einem Jahr allein in Wien! Auch zugunsten deren Familien und zugunsten aller Österreicherinnen und Österreicher wären Sie aufgerufen gewesen, hier eine klare, mißbilligende Distanzierung vorzunehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Sogar der Kolumnist des "Standard", Hans Rauscher, schreibt: In derartigen Sekten "werden Mitglieder mit verschiedenen Psychopraktiken und mit physischer Belastung (z. B. Schlafentzug) unter Druck gesetzt und in Abhängigkeit vom Sekten-Führer und seinen AdjudantInnen gebracht. Dazu kommt materielle Ausbeutung – und ein strenges Sexualregime.
In der Mühlkommune gab es das alles in der einen oder anderen Form. Von anderen Sektenführern unterschied sich Mühl freilich darin, daß er seine terroristische Herrschaft mit der Kunst und seinem Künstlertum legitimiert." – Und der Bundeskanzler dieser Republik schweigt dazu! (Abg. Mag. Trattner: Oder er sympathisiert!)
Herr Bundeskanzler! Wenn Sie sich darüber aufregen, so geben wir Ihnen heute, hier und heute, die Möglichkeit – vielleicht ein letztes Mal, vielleicht ist es heute die letzte Möglichkeit –, eine klare Mißbilligung auszusprechen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Denn, meine Damen und Herren, wer diese Mißbilligung nicht durchführt, der darf sich nicht wundern, als moralischer Hehler zu gelten. (Abg. Jung: Wer schweigt, stimmt zu, Herr Bundeskanzler!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht ja nicht nur um Meinungen, die der Feuilleton wiedergibt, es geht nicht nur um Meinungen, die Aktionsgemeinschaften von Frauen wiedergeben. Sie haben ja vielleicht die Inseratenkampagne im "Standard" gelesen, in der sich eine Plattform unabhängiger Frauen – dazu gehört etwa Johanna Dohnal, die Ihnen ja nicht unbekannt ist, oder auch Kathi Zechner – mißbilligend darüber ausdrückt, daß es Otto Mühl möglich war, sein Pamphlet, seine Justizfarce zur Beleidigung der Opfer im Burgtheater aufzuführen.
Und es sind auch verschiedene Künstler, die sich distanzieren. Der von mir hochgeschätzte frühere Ensemblesprecher Robert Meyer – Sie wissen ja, mit Peymann kann niemand, mit dem kann man nicht reden, alle Ensemblesprecher sind zurückgetreten – hat eine Unterschriftenaktion gestartet, hat unmittelbar vor der Aufführung dieses Dramoletts eine Verteilaktion durchgeführt.