Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 101

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Seit Mai 1997 liegt dem Parlament ein Antrag vor, der die Fürsorge verpflichtet hätte, Verbrechen an Kindern sofort anzuzeigen. Aber das Parlament blockiert die Hilfe gegen Kinderschänder!

Oder: In Oberösterreich ist durch eine Kinderschändung zutage getreten, daß es gar keine Sachverständigen bei Gericht gibt, die mit den Kindern therapeutisch reden, die Befragungen durchführen.

Herr Justizminister Michalek! Das, was ich Ihnen jetzt vorlese, fällt in Ihr Ressort. Es stammt vom 30. August 1996. Damals, also vor fast zwei Jahren, zeigten Sie sich betroffen über jene Fälle von Kindesmißbrauch und Pornographie, die damals bekannt geworden sind. Ich sage Ihnen (der Redner schlägt mit der Hand auf das Rednerpult) : Betroffenheit allein genügt nicht! Handeln müssen Sie! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wende mich mit meiner Dringlichen Anfrage insbesondere an den Herrn Justizminister. So lese ich beispielsweise in einer heutigen APA-Aussendung, daß der Herr Justizminister sagt, strafen allein helfe wenig. – Dazu muß ich ehrlich sagen: Da dreht es mir den Magen um!

Strafen allein helfe wenig, sagt der Justizminister. Was heißt strafen? – Strafen bedeutet Gefängnisstrafen bei Kindesmißbrauch. Strafen allein helfe wenig, meint der Justizminister. Das ist schon richtig, nämlich dem konkreten mißbrauchten Opfer.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (fortsetzend): Jenen potentiellen Opfern, an denen sich derartige Leute wieder vergehen können, die vorzeitig bedingt entlassen werden, helfen sehr wohl Strafen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Abschließend: Wir brauchen eine umfassende Reform des Sexualstrafrechts. Für grobe Taten kann es nur grobes Recht geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundeskanzler.

15.25

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die hier heute anwesenden Mitglieder der Bundesregierung und ich haben uns entschlossen, jetzt nicht ein verabscheuungswürdiges Verbrechen eines Mannes, der dafür verurteilt und abgestraft wurde, zum Zentrum der Diskussion zu machen, sondern im Interesse der Kinder und im Interesse einer Diskussion um die bestmögliche Hilfe, Vorsorge, Betreuung und Schutz der Betroffenen und der Angehörigen bei so abscheulichen Verbrechen mit eiserner Disziplin über den wohl einmaligen Skandal des Titels Ihrer Anfrage hinwegzugehen. (Abg. Mag. Stadler: Reden Sie über den Herrn Mühl, Herr Bundeskanzler! Reden Sie über den Schänder von Kindern!)

Ich möchte nur mit einem einzigen Satz darauf antworten: Es ist einmalig, daß hier einem Regierungsmitglied unterstellt wird, Kinderschänder zu begünstigen! Das weise ich mit aller Entschiedenheit zurück! (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen. – Abg. Mag. Stadler: Schämen Sie sich, Herr Bundeskanzler! Distanzieren Sie sich vom Mühl! Es wäre höchst an der Zeit!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dabei geht es nicht um mich, und es geht auch nicht um Parteipolitik. Der Mißbrauch von Kindern ist für die Betroffenen und für die Angehörigen eine viel zu schreckliche Erfahrung, als daß das ein parteipolitisches Thema sein sollte. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben uns daher über die Parteigrenzen hinweg in der Bundesregierung vorgenommen, mit einem 25-Punkte-Programm, das fünf Regierungsmitglieder ausgearbeitet haben (heftige


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