Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 129

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in diesem Zusammenhang ein offenes Ohr für unsere Wünsche gehabt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte noch drei weitere Problembereiche für Opfer aufzeigen.

Wir stimmen unter keinen Umständen einer Liberalisierung – wie immer sie auch argumentiert wird – des Sexualstrafrechts zu. Wir haben das kundgetan, da ist unsere Position bekannt.

Wir haben uns dafür eingesetzt, daß Mißbrauch objektiv definiert wird und nicht durch sogenannte sexuelle Selbstbestimmung mit einem vermeintlichen Konsens zwischen Täter und Opfer verbessert wird. Sexuelle Selbstbestimmung in der Nähe des Mißbrauchs geht immer zu Lasten der Schwächeren. Kinder und Frauen können oft nicht nein sagen! (Beifall bei der ÖVP.) Daher hat der Gesetzgeber die Grenzen objektiv und klar festzulegen. Er hat zu sagen: Ab hier ist Mißbrauch, und das ist sexuelle Freiheit. Da darf es keinerlei Debatten und kein Herausschwindeln von Tätern geben!

Herr Minister! Ich sehe auch dringenden Handlungsbedarf im Hinblick auf die Therapie von sexuell mißbrauchten Kindern und vergewaltigten Frauen. Für diesen Bereich ist, wie im Antrag der Freiheitlichen, die allgemeine Krankenversicherung nicht ausreichend, auch das Verbrechensopferentschädigungsgesetz aus dem Jahr 1972 nicht. Wir haben bereits mehrmals hier angeregt, die Therapie, die psychologische Betreuung nicht nur im Ausmaß von sechs Therapieeinheiten, sondern in ausreichendem Ausmaß, wenn notwendig mit über 100 Therapieeinheiten, für mißbrauchte Kinder unentgeltlich zu gewährleisten, vor allem aber auch – das ist im Fall von Goisern zutage getreten – außerstationär. Es ist nicht einzusehen, daß diese Kinder von Goisern 30 Kilometer nach Bad Ischl oder Gmunden haben fahren müssen, nur damit sie therapiert werden, weil die Krankenkasse die Therapeutin in Goisern nicht bezahlt. Das ist den Opfern nicht zumutbar und gehört gesetzlich geregelt! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein großes Problem, das bisher nicht ausreichend diskutiert wurde, ist die Gefährlichkeit der Täter zu dem Zeitpunkt, da sie bereits Straftaten begangen haben, bei der Rückfallsquote und in jenen Fällen, bei denen man ihre Gefährlichkeit nicht rechtzeitig erkennt, nämlich präventiv. Hier versagen derzeit noch sowohl Medizin als auch Justiz. Man ist dem Phänomen der Gefährlichkeit bisher noch nicht ausreichend beigekommen. Es gibt bereits medizinisch-wissenschaftliche neuere Therapie- und Behandlungsmethoden, die insbesondere das Auftreten der Rückfallshäufigkeit eindämmen helfen.

Ich fordere daher den zwingenden Einsatz dieser Therapiemethoden. Es sind dies Hormontherapien – ich bin kein Arzt, ich möchte es aber trotzdem erwähnen – mit dem Langzeitanalogon des Gonadotropin-Releasing-Hormons, das wissenschaftlich fundiert die Rückfallshäufigkeit drastisch gesenkt hat. Ich spreche mich hier auch für eine Zwangstherapie jener Täter, die eine Gefahr für unsere Gesellschaft darstellen, aus. (Beifall bei der ÖVP.)

Weiters, Herr Minister, fordern wir bei der Reform des neuen Eherechts, daß Gewalt und sexueller Mißbrauch in der Ehe absolute Scheidungsgründe werden. Das wird mißbrauchten Frauen die Trennung von ihren gewalttätigen Partnern entschieden erleichtern, und sie müssen sich nicht in einem mühsamen Verschuldensprozeß um den Unterhalt streiten. Jeder Mann, der seine Frau und Kinder prügelt, ist im Scheidungsfall unterhaltspflichtig! Hier werden wir dafür sorgen, daß das als Scheidungsgrund neu in das Eherecht aufgenommen wird. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Schmidt: Da brauchen Sie eine absolute Mehrheit!) Wir wollen nämlich die Beibehaltung der absoluten Scheidungsgründe, Frau Kollegin, und noch einen neuen Scheidungsgrund hinzufügen. Ich bin überzeugt davon, daß niemand in diesem Hohen Hause die Gewalttäter schützen will.

Nun zum Schluß zum Antrag der Freiheitlichen: Es ist so, daß eine Fülle der 31 Punkte, die Sie fordern, von uns sehr wohl akzeptiert werden kann. Ein Teil der Forderungen ist aber nicht akzeptabel. (Abg. Mag. Stadler: Welche sind nicht akzeptabel?) Da im Justizressort bereits intensiv an einer Reform des Sexualstrafrechtes gearbeitet wurde (Abg. Gaugg: Nicht wurde, sondern wird!) beziehungsweise wird, sehen wir nicht ein, daß wir hier Dingen zustimmen sollen, die wir nicht voll und ganz akzeptieren können.


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