Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 133

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Wenn es auch ein Fehler – und ich sage ein unverzeihlicher Fehler – war, ihn an die Burg zu lassen, ihn ein kulturell ja ohnehin völlig wertloses Dramolett zum besten geben und lesen zu lassen, so ist es – meine ich – ein Minimum dessen, was man verlangen muß, daß man sich aufgrund des Skandals, der sich in diesem Zusammenhang an der Burg – und letztlich an unserer Burg – ereignet hat, hier ganz klar von offizieller Stelle und auch von Regierungsseite distanziert und das auch als Skandal brandmarkt, wenn dieser schon unbedingt vorkommen mußte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Kleinen hängt man, die Großen läßt man laufen. – So einfach ist das in diesem Fall nicht. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was mit Herrn Mühl gemacht wurde, macht es für jemanden wie mich und uns alle hier in diesem Hohen Hause – und da beziehe ich auch alle Abgeordneten der Opposition mit ein – in Zukunft doch ein gut Teil schwerer, das, was wir in den letzten Monaten an Aufbauarbeit geleistet haben, fortzuführen. Dabei geht es ein wenig um die Glaubwürdigkeit, dabei geht es darum, der Öffentlichkeit auch in Zukunft klar sagen zu können: Wir verurteilen Kinderschändung. Wir verurteilen das ganz klar und deutlich, nicht nur rein rechtlich, sondern vor allem auch moralisch.

Es wurde ein gewisser Grad an Bewußtseinsbildung erreicht. Karl Schlögl, der Herr Innenminister, hat davon gesprochen, daß die Zahl der Anzeigen sprunghaft gestiegen ist. Gott sei Dank ist auch die Zahl der Verurteilungen gestiegen! Gott sei Dank werden auch die Strafen schön langsam nicht nur saftiger, sondern müssen auch tatsächlich abgebüßt werden. Hier ist sicherlich noch ein gutes Stück Weges zu gehen.

Das alles hängt mit der öffentlichen Bewußtseinsbildung zusammen, und was mich daher auch betroffen macht, ist, daß diese Bewußtseinsbildung in den letzten Wochen ein klein wenig behindert worden ist und daß es schwer sein wird, dies in den nächsten Monaten wieder aufzuholen. Es ist zu einer Verharmlosung gekommen. Da brauchen wir uns gar nichts vorzumachen. Es ist unter dem Strich zu einer Verharmlosung dessen gekommen, was man unter Kinderschändung subsumieren kann. Wir müssen uns jetzt gemeinsam kräftig anstrengen, um die begangenen Fehler wieder gutzumachen und um einen Aufholprozeß einzuleiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Arbeit des letzten Jahres wurde – jedenfalls von mir – immer wieder unter folgendes Motto gestellt: Wer wegschaut, macht sich schuldig! Leider Gottes ist und war es beim sexuellen Mißbrauch nämlich immer wieder ein großes Thema, daß die Leute Bescheid wußten, aber weggeschaut haben, sich nicht trauten, den Täter anzuzeigen, nicht mit den Lehrern oder den Eltern geredet haben und so weiter.

Was sich in den letzten Tagen und Wochen in mir ein wenig breitgemacht hat, ist ein Zusatz zu dieser Formulierung, der da lautet: Nicht nur wer wegschaut, macht sich schuldig, sondern wer zuschaut und zugeschaut hat, ohne die Konsequenzen zu ziehen, macht sich auch mitschuldig. – Ich danke, Herr Präsident. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

17.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.39

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren Minister! Meine Damen und Herren! Ich kann den Ausführungen des Herrn Minister Bartenstein in ihren überwiegenden Teilen folgen. Was die Person Otto Mühl anlangt, kann ich darüber hinaus auf die Feststellungen des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Innenministers verweisen. Dazu möchte ich nichts mehr sagen. Diese sind eindeutig. Das ist keine Frage.

Ich meine aber, man muß einen Punkt relativieren, nämlich den Umstand, auf welche Art und Weise es heute zu dieser Dringlichen Anfrage gekommen ist. Da bleibt wahrscheinlich nichts anderes übrig, als festzuhalten, daß durch eine unglaubliche Unterstellung hier versucht worden ist, die politische, aber auch die moralische Autorität dieses Hauses nachhaltig zu stören, meine Damen und Herren von der FPÖ! Das ist negativ und anzukreiden! (Beifall bei der SPÖ.)


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