Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 148

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Der Minister sagt, daß nur wir immer kritisierten. – Es hat der Rechnungshof kritisiert, es hat das Bundesministerium für Finanzen kritisiert, und es hat auch sein eigenes Kontrollbüro, bitte, die Vorgänge kontrolliert. Ja sind die wirklich alle so daneben? Hat nur der Herr Minister die höchste Weisheit, der von der "intensivsten Prüfung aller Zeiten" spricht, die gezeigt habe, daß alles in Ordnung sei? So war es nicht! Die finanzielle Bedeckung beim Vertragsabschluß war ungeklärt. Folge: Vier Monate Verzögerung, und das bei einer so dringenden Beschaffung, wo man für eine Ausschreibung keine Zeit mehr gehabt hat!

Der vereinbarte Zeitplan wurde vom Lieferanten nicht eingehalten, drei wesentliche Kriterien, die vorher als sehr wichtig erachtet wurden, haben plötzlich nichts gegolten. Man hat aber nichts vom Preis heruntergehandelt, keinen Groschen! Und das hinterläßt natürlich einen schlechten Nachgeschmack. Der Rechnungshof kritisiert das auch mit Recht. Und dazu kommen dann noch nachträglich zusätzliche Ausstattungen – Kritik über Kritik. Das ist kein Beschaffungsvorgang, mit dem Sie in der Privatwirtschaft hätten reüssieren können, Herr Minister! Ich wundere mich, was Sie dort eigentlich gelernt haben, wenn das bei Ihnen im Büro so durchgehen kann.

Für uns stellt sich die Frage: Sind da wirklich – denn die Fehler liegen eindeutig im Beschaffungsvorgang – unbelehrbare und fachlich ungeeignete Verantwortliche am Werk? Oder aber – und das wurde heute schon angesprochen – wurde da vielleicht politischer Druck ausgeübt? Oder – die letzte Frage – ist der politische Entscheidungsträger vielleicht überfordert, Herr Minister? Das sollten Sie sich durch den Kopf gehen lassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.40

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Bundesminister! Wenn man die Diskussion verfolgt hat, die bisher zum vorliegenden Rechnungshofbericht über das Beschaffungswesen des Bundesheeres geführt wurde, könnte man versucht sein, zwei positive Punkte zu sehen:

Erstens: Der Rechnungshof hat nach genauester Prüfung festgestellt, daß es keine wie immer geartete illegale Zahlung im Zusammenhang mit der Heeresbeschaffung gegeben hat.

Der zweite "positive" – da ist schon ein Anführungszeichen zu setzen – Punkt könnte sein: Der Rechnungshof hat bei seiner bisherigen Überprüfung eine ganze Reihe von Mängeln aufgezeigt, die dringend behoben werden sollten und die durch diesen Bericht zum Thema in diesem Hohen Haus geworden sind.

Ein Problembereich scheint mir die Beschaffung im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung zu sein. Sie unterliegt nicht der Bundesvergabeordnung, dem Bundesvergabegesetz, wenn es sich um Waffen, Munition oder Kriegsmaterial handelt oder wenn es der Schutz wesentlicher Staats- oder Sicherheitsinteressen gebietet. Für derartige Beschaffungen gelten die Richtlinien des Bundesministeriums für Landesverteidigung für die Vergabe von Leistungen, die sich auf die ÖNORM 2050 aus dem Jahre 1957 gründen. Da empfiehlt der Rechnungshof, diese Richtlinien bezogen auf die neue ÖNORM aus dem Jahre 1993 neu zu formulieren.

Der bloße Verweis auf militärische Belange oder auf Sicherheitsinteressen des Landes darf allerdings nicht zu mangelnder Transparenz bei der Vergabe oder zur Mißachtung ökonomischer Kriterien führen. Neben dem bereits üblichen, wenn auch nicht immer befolgten militärischen Pflichtenheft zur sachlichen Bewertung der Angebote ist ein ökonomisches Pflichtenheft, das heute schon vom Abgeordneten Gaál gefordert wurde, für die wirtschaftliche Bewertung von Angeboten unter Einbeziehung der Bewertung möglicher Kompensationsgeschäfte dringend notwendig und wünschenswert.


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