Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 94

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So werden Arbeitslose, die seitens des Arbeitsmarktservice zu einer Schulungsmaßnahme verpflichtet werden, nicht in der offiziellen Statistik ausgewiesen, ebensowenig etwa Bezieher von Sonderunterstützung, Sondernotstandshilfe, Pensionsvorschuß, Karenzgeld et cetera.

Die Bundesregierung bewirkt überdies durch die Forcierung des Abschiebens Zehntausender älterer Arbeitnehmer in die Frühpension insbesondere auch in staatsnahen Unternehmungen (Schulbereich, Landesverteidigung, ÖBB, Post und Telekom AG, Banken- und Versicherungsbereich, Österreichische Bundesforste, OMV usw.) eine deutliche Verschleierung der Arbeitslosenzahlen. Dazu kommen noch die Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft, die gegen ihren Willen zum frühestmöglichen Termin in den Ruhestand treten müssen, etwa weil sie keine weitere Beschäftigungsmöglichkeit haben oder keine weiteren Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung mehr erhalten, weil sie bereits einen Pensionsanspruch haben. In diesem Zusammenhang sei auf die stetig steigende und im internationalen Vergleich sehr hohe Zahl der Frühpensionisten hingewiesen.

Aus den offiziellen Statistiken ist auch nicht ersichtlich, wie vielen Schul- und Universitätsabgängern der Berufseinstieg nicht auf Anhieb gelingt und wie viele Mütter, die nach dem Schuleintritt ihrer Kinder wieder arbeiten wollen, keine neue Beschäftigung finden.

Bezieht man diese großen Personengruppen von arbeitswilligen beziehungsweise -fähigen Personen in die Berechnung mit ein, so ergibt sich annäherungsweise eine Gesamtzahl von 500 000 bis 600 000 Arbeitslosen.

Zu diesem Anstieg der Arbeitslosigkeit haben in den letzten Jahren folgende von der Bundesregierung gesetzte Maßnahmen entscheidend beigetragen:

A. Stagnation bei den Ausgaben des Bundes für aktive Arbeitsmarktpolitik auf niedrigem Niveau von etwa 10 Prozent der gesamten arbeitsmarktpolitischen Ausgaben;

B. Verringerung der Förderungsmöglichkeiten des Arbeitsmarktservice durch zusätzliche Überweisungen in Milliardenhöhe an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger;

C. weitere Erhöhung der Lohnkosten durch die Kommunalsteuer und Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge um ca. 2 Prozentpunkte seit 1992;

D. Verringerung der Karenzzeit um ein halbes Jahr;

E. weitere bürokratische und finanzielle Belastungen für Unternehmer etwa durch die ständig novellierte, zum Teil verfassungswidrige Werkvertragsregelung und die Abwicklung der Krankenscheingebühr;

F. Erhöhung des Risikos der Selbständigkeit durch die Beseitigung der Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung;

G. weitere finanzielle Belastung der Unternehmen durch Mindest-KöSt, Erhöhung der Gebühren und Abgaben, Sistierung der Verlustvorträge, Erfindung einer 13. Umsatzsteuervorauszahlung;

H. ungebremster Anstieg der Abgabenbelastung auf mittlerweile 45,7 Prozent laut Eurostat (EU-Durchschnitt 42,4 Prozent) unter anderem durch die stetig zunehmende kalte Progression und

I. organisatorische und finanzielle Mehrbelastung der Betriebe durch das überzogene ArbeitnehmerInnenschutzgesetz.

Dabei ist bemerkenswert, daß sich die Bundesregierung im Zuge des EU-Beschäftigungsgipfels in Luxemburg zu einer Reihe von Maßnahmen verpflichtet hat, die geradezu im Gegensatz zu ihrer bisherigen Politik stehen. Ganz Europa hat damit indirekt festgestellt, daß die bisherige Politik der Bundesregierung geradezu arbeitsplatzvernichtend war. Obwohl sich offenkundig die Bundesregierung hiedurch verpflichtet hat, die arbeitsplatzvernichtenden Maßnahmen rückgängig zu machen, ist bis dato aber nichts geschehen.


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