Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 155

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im Bereich der Kunst insgesamt ein Minus von über 50 Millionen Schilling, im Bereich der Landesverteidigung ein Plus von mehr als 80 Millionen Schilling. So sieht es aus!

Aber eines ist klar: Wenn man die Umwegrentabilität betrachtet, muß festgestellt werden, es kommen wahrscheinlich viele Touristinnen und Touristen nach Österreich, die sich viel lieber Panzer anschauen wollen als Museen oder als in die Oper oder in Konzerte zu gehen. (Abg. Dr. Maitz: Primitivste Polemik!) Und natürlich gilt die Umwegrentabilität auch für den Bereich der Hotellerie. Allentsteig ist ja offenbar eine blühende Touristikmetropole, gar nicht zu vergleichen mit Wien, das da wenig zu bieten hat. (Abg. Dr. Maitz: Eine primitive Polemik!)

Es ist tatsächlich so einfach: keine 10 Millionen Schilling für den Kunst- und Kulturbetrieb, ausgehungerte Initiativen, das Geld wird da und dort hin- und hergeschichtet, ein Nullsummenspiel und insgesamt weniger. Im Bereich der Landesverteidigung aber sind Ihnen die Milliarden offenbar nicht genug. Ob 6 oder 10 Milliarden Schilling, wen stört das schon? Scheint ja da zu sein, und scheint ja immer teurer werden zu können. Das, Frau Bundesministerin, gibt mir zu denken, gerade in der Abfolge dieser Debatten.

Denken wir auch an die Arbeitsplätze. Für den Bereich der Sozialdemokratie scheint es offenbar zumindest dann in Ordnung zu gehen, wenn die Aufträge in Österreich bleiben – was jetzt offensichtlich nur in höchst bescheidenem Maße der Fall ist. Im Bereich der Kunst und Kultur gehen die Firmen weg. Frau Bundesministerin, haben Sie sich einmal einen Überblick darüber verschafft, wie viele Plattenfirmen, wie viele Verlage, auch wie viele Einzelpersonen weggegangen sind, weil das ganze Steuerrecht, weil die soziale Sicherheit nicht auf Menschen zugeschnitten ist, die typischerweise sehr atypische Beschäftigungsverhältnisse haben? Es geht ein Aderlaß im Bereich Kunst und Kultur vonstatten, der wirklich traurig und beschämend ist.

Insgesamt ist mir der Stellenwert dieses Bereiches zu gering. Frau Bundesministerin, nur ein kleines Beispiel, ich greife es immer wieder heraus, und – Gott sei Dank! – es interessieren sich mittlerweile doch ein paar Medien dafür: Schauen Sie sich einmal – und das ist ein Wiener Kleinod, eine österreichische Besonderheit – das Museum, das in Ihren Ressortbereich fällt, aber Sie offenbar nicht sehr viel interessiert, an: den Narrenturm. Es ist dies ein Josephinischer Bau, allein schon als Bauwerk interessant, aber noch interessanter ist die Sammlung, die darin angesiedelt ist, die ausblutet, die nicht mehr erhalten werden kann. Fünf Dienstposten, vier davon besetzt – so schaut es aus.

Zweiter Punkt: Was ist der Auftrag Kunst und Kultur? Ich vermisse eine Debatte in diesem Zusammenhang. Auch da scheint man auch von Ihrer Seite immer wieder auf die großen Flaggschiffe des österreichischen Kunst- und Kulturbetriebs zu schauen. Die brauchen wir natürlich auch, aber nicht nur. Wenn hier etwa Herr Seipel vom Kunsthistorischen Museum sagt, man wird in Zukunft die Museen stärker am wirtschaftlichen Erfolg zu messen haben, dann, so meine ich, redet er aus der Position seines Hauses relativ leicht. Der Direktor einer großen Einrichtung, nämlich der British National Gallery, Neil McGregor, streitet in einer öffentlichen Debatte um den freien Eintritt, um die Beibehaltung des freien Eintrittes. Er will keine Einnahmen, weil er sagt, das ist das kulturelle Erbe einer Nation, und das hat der Nation jederzeit und unentgeltlich zur Verfügung zu stehen. Das ist ein anderer Denkansatz, hier muß sich Kunst und Kultur nicht permanent kommerziell rechtfertigen, sondern sie hat einen Selbstwert. Ein bißchen etwas von dieser Denkart würde ich mir für unser Land wünschen. (Beifall bei den Grünen.)

Das heißt nicht, daß man nicht im Detail da oder dort Dinge auch wirtschaftlicher regeln kann, aber ich halte die ganze Debatte über Ausgliederungen und Rechtsformen und GesmbHs oder Stiftungen für eine Scheindebatte, solange wir uns nicht einigen können, daß Kunst und Kultur einen größeren Stellenwert braucht, daß insbesondere die neuen und jungen Artikulationsformen Raum brauchen, Freiheit und Geld brauchen – das ist einmal das wichtigste. In welcher Rechtsform wir das durchführen, ist dann eher eine Scheindebatte.

Es schmerzt mich, wenn etwa der Klubobmann der ÖVP, der sich zumindest fallweise in die Debatte einmischt, sagt, er wünscht sich ein Modell mit Anstalten, bei dem die Musiktheater und die Sprechtheater jeweils in einer derartigen Anstalt zusammengeführt werden. Und weiters


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