Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 173

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Abgeordneten Peter und Kier wünschen sich ein sogenanntes Wirtschaftsflexibilisierungsgesetz. Beim Erstgenannten verwundert der Inhalt des Antrages kaum. Er ist Unternehmer und als solcher ein unbelehrbarer Verfechter der uralten neoliberalen Ideologie. Aber bei Ihnen, geschätzter Herr Abgeordneter Kier, ist dieses Ansinnen in Anbetracht dessen, daß Sie sich Sozialsprecher Ihrer Partei nennen, schon wesentlich zweifelhafter.

Was steckt nun hinter dem wohlklingenden Namen des LIF-Antrages? – Ich habe mir die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Peter sehr genau angehört. Die ersten 15 Minuten hat er überhaupt nicht zum Antrag gesprochen, sondern nur von neuen Ufern und ähnlichem geredet. Wie schauen – im Telegrammstil – diese neuen Ufer aus? Was steckt hinter diesem Wirtschaftsflexibilisierungsgesetz? – Die Abschaffung von Feiertagen, die Abschaffung des Sonn- und Feiertagsruhegesetzes, die Aufhebung des Öffnungszeitengesetzes und die Aliquotierung des Urlaubsanspruches, die Sie freundlicherweise selbst erläutert haben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. )

Unterschlagen haben Sie uns, daß es weiters durch Änderung des Arbeitszeitgesetzes Unternehmern möglich gemacht werden soll, angesammelte Zeitguthaben einfach in den nächsten Abrechnungszeitraum zu übertragen. Das kommt einer Arbeitszeitverlängerung gleich und ist offenbar ein wichtiges Element der Regelung, weil damit nämlich Teile der geleisteten Arbeit zunichte gemacht werden.

Außerdem haben Sie auch nicht klar gesagt, daß in dem Gesetzentwurf steht, daß Sie bei der Regelung der Arbeitszeit den Kollektivvertrag und damit die Gewerkschaft, die starke Interessenvertretung der Arbeitnehmer, ausschalten wollen.

Allerdings stehen Sie, Herr Abgeordneter Peter, ja auch einer Organisation vor – ich glaube, sie nennt sich Hoteliervereinigung –, die den Arbeitnehmern seit Monaten eine gerechte Lohnerhöhung vorenthält. Im Hotel- und Gastgewerbe gibt es seit Monaten keinen Kollektivvertrag und keine Lohnerhöhung mehr. Vor ein paar Minuten haben Sie jedoch erklärt, daß die Lohnkosten die Schallmauer – die Schallmauer! – überschritten haben. Ich frage Sie: In Ihrer Branche haben wir noch nicht einmal 12 000 S Mindestlohn. Sind 12 000 S Monatslohn eine Schallmauer, Herr Abgeordneter Peter? Das müssen Sie den Menschen, die mit diesem Einkommen leben müssen, erklären! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Peter: Sie sind bei mir an der falschen Adresse, Sie kennen sich ja überhaupt nicht aus!)

Herr Abgeordneter Peter! Sie sind Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung und könnten in dieser Funktion dafür eintreten, daß Ihre Mitgliedsbetriebe mit der Gewerkschaft eine Lohnerhöhung vereinbaren. Schieben Sie diese Ihre Funktion jetzt nicht beiseite!

Sie unterlassen in Ihrem Vorschlag betreffend ein Wirtschaftsflexibilisierungsgesetz auch die Quantifizierung der Folgen dieses Gesetzes für die betroffenen Menschen. Sie leugnen und ignorieren ganz einfach, was die Realisierung Ihrer Wünsche für die Betroffenen bringen würde, nämlich Einkommensverluste, eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und einen Verlust an Lebensqualität.

Außerdem zeigen Sie auch ökonomische Kurzsichtigkeit, wenn Sie sich nicht klarmachen, welche Folgen dieses Gesetz hätte, nämlich neben sinkender Motivation sinkende Produktivität für die Gesamt- und Volkswirtschaft, eine Schwächung der Kaufkraft und eine Abnahme der für die Konjunktur so wichtigen Inlandsnachfrage. Die Auswirkungen wären also auf jeden Fall negativ.

Herr Abgeordneter Peter! Ich sage Ihnen eines: Die Senkung von Einkommen und die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen bringen und sichern keinen einzigen Arbeitsplatz! Das sagen nicht nur wir als Gewerkschafter, sondern das sagen auch Wirtschaftsfachleute.

Ich versichere Ihnen, daß die sozialdemokratische Fraktion und die Gewerkschaften derartige Anschläge auf die Arbeitnehmer, auf die soziale Qualität, auf die Volkswirtschaft und das allgemeine Interesse abwehren werden! Sie werden in diesem Haus für dieses Gesetz keine Mehrheit finden.


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